Salzburger Nachrichten

Jetzt startet der schwarz-blaue Poker

150 Politiker und Experten arbeiten am ÖVP-FPÖ-Pakt. Die wichtigste Frage ist aber noch offen: Wie viel Geld steht zur Verfügung?

- Regierungs­bildung

WIEN. Zu Wochenbegi­nn definierte­n die Parteichef­s Sebastian Kurz und Heinz-Christian Strache sowie deren engste Vertraute in ihrer „Steuerungs­gruppe“noch einmal die großen Linien für ihre geplante Koalition. Ab heute gehen die Untergrupp­en der Steuerungs­gruppe ins Detail. In den frühen Morgenstun­den werden einander heute Vertreter von ÖVP und FPÖ zu ersten konkreten Koalitions­gesprächen treffen. Parallel dazu werden drei Beamte aus dem Finanzmini­sterium die Parteichef­s über den finanziell­en Spielraum der kommenden Regierung aufklären. Bis Freitag sollen die Finanzbeam­ten den Kassasturz präsentier­en.

100 Verhandler und 50 Experten werden in den kommenden Wochen an dem ÖVP-FPÖ-Regierungs­programm schmieden. Die Namen reichen von lang gedienten Politikern wie Wolfgang Sobotka (ÖVP) bis hin zu Ex-Skirennfah­rer Michael Walchhofer.

Für Politik-Insider birgt der Blick auf die Verhandler­liste einige Überraschu­ngen: Nur vereinzelt sind Vertreter der Sozialpart­ner darauf zu finden. Hochkaräti­ge Vertreter der Bundesländ­er sitzen gar nicht in den Verhandlun­gsrunden. Zur Erinnerung: Die Koalitions­gespräche 2013 waren noch von den wichtigste­n Landeshaup­tleuten, Gewerkscha­ftern und führenden Mitglieder­n von Arbeitnehm­er- und Bauernbund mitgestalt­et worden.

Auch Namen aus der bisherigen Regierungs­mannschaft sucht man bei den aktuellen Arbeitsgru­ppen vergebens. Einzig Noch-Innenminis­ter Sobotka sitzt am Verhandlun­gstisch. Er wird das Themenfeld „Sicherheit, Ordnung und Heimatschu­tz“für die kommende Regierung aushandeln. Dass der ÖVPMiniste­r Teil des Teams ist, dürfte darauf hindeuten, dass er Teil der kommenden Regierung sein wird. Die Sicherheit­sagenden legt Sobotka mit dem ebenfalls aus Niederöste­rreich stammenden FPÖPolitik­er Walter Rosenkranz fest. Der bisherige FPÖ-Bildungssp­recher wird zum Rechtsauße­nflügel der FPÖ gezählt, er ist Mitglied der schlagende­n Burschensc­haft Libertas Wien. Ein weiterer Vertreter des rechten FPÖ-Flügels verhandelt das Themenfeld „Staat und Gesellscha­ft“: Harald Stefan. Der FPÖAbgeord­nete ist Mitglied der schlagende­n Burschensc­haft Olympia und arbeitet mit dem ehemaligen Rechnungsh­ofpräsiden­ten Josef Moser in der Fachgruppe die Punkte Verwaltung­sreform, Medien, Justiz, Sport, Kultur, Integratio­n und Außenpolit­ik aus. Moser war von 1992 bis 2002 Direktor des freiheitli­chen Parlaments­klubs und war somit an der Organisati­on der ersten schwarz-blauen Koalition beteiligt. Für Kurz trat er als unabhängig­er Kandidat auf Platz drei der ÖVPBundesl­iste an.

Die Kurz-Vertraute und Bauernbünd­lerin Elisabeth Köstinger nimmt sich des Themenfeld­es „Zukunft“an und legt den Fahrplan für Wissenscha­ft, Bildung, Umwelt und Landwirtsc­haft fest. Ihr gegenüber sitzt der FPÖ-Abgeordnet­e Axel Kassegger. Zuletzt kam der Steirer in die Schlagzeil­en, weil in einer rechtsextr­emen Zeitschrif­t eine Rede von ihm abgedruckt worden war. Sie endete mit dem Satz „Heil Deutsche Burschensc­haft“.

Die Verhandlun­gsgruppe „Soziales, Fairness und Neue Gerechtigk­eit“umfasst Punkte wie Gesundheit, Arbeit und Pension. Sie werden von August Wöginger (ÖVP) und Dagmar Belakowits­ch (FPÖ) festgelegt. Beide sind lang gediente Parlamenta­rier. Die StracheVer­traute Belakowits­ch sitzt seit 2006 im Nationalra­t, der ÖAABBundes­obmann Wöginger seit 2002. Wöginger wird als zukünfti- ger Klubobmann der ÖVP gehandelt und soll Reinhold Lopatka in dieser Funktion ablösen.

Ein relativ neues Gesicht in der ÖVP wird das Themenfeld „Standort“verhandeln: Bettina GlatzKrems­ner. Die führende Mitarbeite­rin der Casinos Austria und der Österreich­ischen Lotterien wurde erst im Sommer dieses Jahres zur ÖVP-Vizechefin gewählt. GlatzKrems­ner erarbeitet mit dem Steuerbera­ter und FPÖ-Abgeordnet­en Hubert Fuchs die Unterpunkt­e Steuern, Wirtschaft, Entbürokra­tisierung, Verkehr und Energie. Der Salzburger Fuchs ist Finanzspre­cher der Freiheitli­chen im Parlament und wird dem liberalen Flügel zugeordnet. Er könnte laut Insidern Finanz-Staatssekr­etär in der kommenden schwarz-blauen Regierung werden.

Ratschläge holen sich die Verhandlun­gsteams aus einem Experten-Pool. Darunter finden sich einige klingende Namen. Etwa die ehemalige Belvedere-Chefin Agnes Husslein, der ehemalige Skirennläu­fer Michael Walchhofer und Sacher-Chefin Elisabeth Gürtler.

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SN/APA BILD: Die Steuerungs­gruppe aus ÖVP und FPÖ trifft regelmäßig im Palais Niederöste­rreich in Wien zusammen, um den Fahrplan festzulege­n und die Arbeit der Untergrupp­en zu bewerten.

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