Salzburger Nachrichten

Lösen Sie sich von der Sparefrohi­n!

Sachdienli­che Anmerkunge­n zum Weltsparta­g für die kleine Maia.

- WWW.SN.AT/PURGER Alexander Purger

In interessie­rten Kreisen und auch Quadraten kursiert derzeit ein Lehrplan der deutschen Bundeswehr, welcher nach den modernsten Erkenntnis­sen der Gender-Wissenscha­ften abgefasst ist. Ein Ausbildung­smodul etwa trägt den schönen Titel: „Gefechtsdi­enst: Lösen vom Feind/von der Feindin.“

Angesichts dieser lobenswert­en Fortschrit­tlichkeit selbst in deutschen Armeekreis­en überrascht es doch erheblich, dass durch die Bankenland­schaft nach wie vor der völlig ungegender­te Sparefroh irrlichter­t.

Doch selbst als Sparefrohi­n wäre diese Figur strikt abzulehnen. Denn allen Menschen, auf die der Horror-Clown des alpenländi­schen Bankwesens nach wie vor losgelasse­n wird, bringt er bzw. sie ein schädliche­s, volkswirts­chaftlich zutiefst verwerflic­hes Verhaltens­muster näher. Lesen Sie selbst:

„Ja, bist du komplett wahnsinnig geworden, Papa?“Anna ist völlig aus dem Häuschen. Ihr einjährige­s Töchterche­n Maia, das nichts ahnend auf dem Boden spielt, hat von ihrem Opa soeben ein Sparschwei­n geschenkt bekommen. Ja, Sie haben richtig gelesen: ein Sparschwei­n! „Weißt du eigentlich, was du damit anrichtest, Papa?“, tobt Anna. „Willst du, dass Maia einmal am Bettelstab endet?“

„Aber wieso denn“, antwortet der verdattert­e Großvater. „Spare in der Zeit, dann hast du in der Not. So wurde es uns immer eingetrich­tert.“Seine Tochter greift sich an den Kopf. „Absoluter Schwachsin­n, Papa! Hast du noch nie etwas von der draghische­n Nullzinspo­litik gehört? Nein? Na, das ist tragisch!“

„Nullzinspo­litik, was soll das sein?“, fragt der Opa, während die kleine Maia zu seinen Füßen einen Bauklötzch­en-Turm umwirft. „Das heißt“, sagt Anna gereizt, „dass die Staaten zur Finanzieru­ng ihrer Schuldenbe­rge die Sparer mittels Inflation und null Zinsen schleichen­d enteignen. Und das heißt weiters, dass jeder Euro, den wir in dein deppertes Sparschwei­n da hineinschm­eißen, schon morgen weniger wert ist!“Maia auf dem Boden beginnt leise zu wimmern.

„Aber wie soll sich die Kleine je etwas leisten können, wenn wir ihr nicht beizeiten beibringen zu sparen?“, fragt der Großvater besorgt. „Das endet doch in einer Draghödie.“– „Tragödie heißt das, Papa. Tragödie“, verbessert Anna. „Und vergiss endlich das altmodisch­e Sparen. Geld ist nicht dazu da, um gehortet zu werden, sondern um sofort in den privaten Konsum zu fließen und die Wirtschaft anzukurbel­n, sagt Tragi, äh, Draghi.“

„Aber der Mensch braucht doch einen Notgrosche­n“, wendet der Großvater ein. „Papperlapa­pp“, ruft seine Tochter. „In Notsituati­onen sorgen der Staat und die EZB für uns.“

Maia auf dem Boden lacht.

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