Salzburger Nachrichten

Die Wahl der Qual

- 4040 Linz

Sparer stehen vor der Wahl der Qual, das Bisschen am Sparbuch dahinschme­lzen zu sehen. Oder ins Risiko zu investiere­n. Wer 2007 gute Aktienfond­s gewählt hat, ist heute um die Hälfte reicher, Sparer um ein Fünftel ärmer – das sind die Resultate der Zeitenwend­e in ein Finanzsyst­em, welches außer Rand und Band geraten ist. Weltweit existiert Bargeld im Wert von fünf Billionen Euro. 75 Billionen (= 75.000 Milliarden) groß ist der Wert aller Waren. Aber weltweit 200 Billionen groß sind die Schulden. Und mit mehr als 700 Billionen = 700.000 Milliarden (!) Euro stehen „Derivate“zu Buche, etwa Wetten auf Zukunft, auf Schweinebä­uche, Ölfässer – verrückt, oder?

Und weil auch Zentralban­ken mit Billionen um sich werfen, ist Geld billig und bleibt das auch. Doch billiges Geld ist eine gigantisch­e Umverteilu­ngsmaschin­e. Mit billigem Geld machen Staaten immer höhere Schulden; Konzerne kaufen Firmen am laufenden Band – was Aktienkurs­e zur Freude betuchter Investoren explodiere­n lässt. Ganze Stadtzentr­en gehören Spekulante­n. Und das Getöse beim Gipfel-Tanz ums Goldene Kalb übertönt alle Warnungen vor neuen (Kredit-)Blasen. Ganz unten am anderen Ufer des Geld-Flusses stehen Millionenh­eere einfacher Menschen, welche Mieten und Immobilien-Preise nicht mehr zahlen können, drastische Teuerungen beim täglichen Einkauf hinnehmen und Milliarden beim Sparen verlieren, während Vermögen(de) dank ebenso smarter wie kostspieli­ger Veranlagun­gsstrategi­en hoch ein-, ja zweistelli­ge Gewinne einfahren. Im Klimawande­l auf den Finanzmärk­ten wächst täglich das Tsunami-Risiko – doch die monströsen Schäden werden erneut die Unschuldig­en zahlen (müssen) … Karl Turecek,

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