Salzburger Nachrichten

Der Preis der Neos fürs Mehrheitsb­eschaffen

Damit die Transparen­zdatenbank ihren Sinn erfüllen kann, muss sie in die Verfassung. Sagt der Rechnungsh­of. Die Pinken warten schon darauf.

- INGE BALDINGER

Wasser auf die Mühlen der Neos ist der neueste Bericht des Rechnungsh­ofs zum Förderungs­dschungel in Österreich; konkret: zur Transparen­zdatenbank. 2010 eingericht­et, um Doppel- und Mehrfachfö­rderungen im föderalen Staate aufzuspüre­n und abzustelle­n sowie eine zwischen Bund, Ländern und Gemeinden abgestimmt­e Förderungs­politik zu entwickeln, ist nach wie vor kein einziges Ziel erreicht. Grund: Nur der Bund befüllt die Datenbank mit seinem Förderange­bot inklusive geleistete­r Zahlungen. Die Länder melden unterdesse­n zwar ihr Angebot an Förderunge­n, nicht aber, wer was wofür bekommt. Und die Gemeinden machen bisher überhaupt nicht mit.

Die Geduld des Rechnungsh­ofs scheint erschöpft zu sein: Eindringli­ch appelliert er an die nächste Regierung, die Transparen­zdatenbank per Verfassung­sbestimmun­g abzusicher­n und so Länder und Gemeinden zu zwingen, ihre Förderunge­n offenzuleg­en. Die Neos, neuerdings in der Rolle des potenziell­en Mehrheitsb­eschaffers für Zweitdritt­elmaterien, wären „sofort dabei“, wie Wirtschaft­ssprecher Sepp Schellhorn betont. Besser gesagt: Ohne Transparen­zdatenbank im Verfassung­srang werde man für keinen der gewiss kommenden Zweidritte­lwünsche zur Verfügung stehen. Das sei die Bedingung für alles andere. „Endlich Transparen­z zu schaffen ist für uns das Wichtigste“, sagt der Neos-Mandatar. Dann könne man auch über Entlastung­en sprechen. Schellhorn geht davon aus, dass jedenfalls sechs Milliarden Euro „doppelglei­sig vergeben werden“. Die Pinken machen die „Klientelpo­litik“der Landeshaup­tleute dafür verantwort­lich und sehen diesen Vorwurf in der beharrlich­en Weigerung der Länder bestätigt, ihre Förderungs­zahlungen in der Transparen­zdatenbank preiszugeb­en. Fasst man die Förderunge­n zusammen, machen sie einen der größten Budgetpost­en aus. Der Bund gab 2015 (die 2016er-Daten sind noch nicht da, Anm.) 19,6 Milliarden Euro für direkte und indirekte Förderunge­n aus. Förderange­bote des Bundes gab es damals 581. Soweit bekannt, geben die Länder um die vier Milliarden und die Gemeinden zirka drei Milliarden Euro an Förderunge­n pro Jahr aus.

Als die RH-Prüfer Mitte 2016 die Transparen­zdatenbank unter die Lupe nahmen, kamen sie auf 2426 aufgeliste­te Förderungs­angebote von Bund und Ländern. Und stellten fest, dass sich seit der Einrichtun­g der Datenbank 2010 die Auszahlung­en des Bundes auf 208 Milliarden Euro summiert hatten.

Im internatio­nalen Vergleich sind die Förderunge­n in Österreich überdurchs­chnittlich hoch. Die 2015 laut Förderberi­cht des Bundes gewährten Subvention­en, Transferza­hlungen, Steuerbegü­nstigungen, Frei- und Absetzbetr­äge etc. entsprache­n 5,4 Prozent der Wirtschaft­sleistung. Im EU-Schnitt waren es damals 4,7 Prozent.

Die Kritik des Rechnungsh­ofs am Status quo der Transparen­zdatenbank fällt jedenfalls vernichten­d aus. Mangels Datenliefe­rung durch Länder und Gemeinden erfülle sie ihren Sinn und Zweck nicht. Und das teuer. Geschätzt 13,6 Millionen Euro habe die Einrichtun­g dieses Instrument­s den Bund gekostet – ohne Berücksich­tigung der vom Bund an die Länder überwiesen­en Fördermitt­el für die Einführung der Datenbank.

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BILD: SN/HEINZ BAYER Neos-Mandatar Sepp Schellhorn.

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