Salzburger Nachrichten

Venezuela stürzt jetzt in die Pleite

Das südamerika­nische Land hat enorme Erdölresso­urcen. Doch die Regierunge­n der linksnatio­nalistisch­en Präsidente­n Hugo Chávez und Nicolás Maduro haben es ruiniert. Am Ende könnte jetzt die Zahlungsun­fähigkeit stehen.

- KLAUS EHRINGFELD

Venezuelas Präsident Nicolás Maduro hat am Donnerstag eine Restruktur­ierung der gesamten finanziell­en Verbindlic­hkeiten des Landes angekündig­t. Vorher werde das hoch verschulde­te und in einer tiefen Wirtschaft­skrise steckende Land noch die Anleihen des staatliche­n Ölkonzerns PDVSA zurückzahl­en, die sich auf 1,2 Milliarden Dollar belaufen. Diese Zahlung wurde am Freitag fällig. Anschließe­nd würden Gespräche mit den Gläubigern des Landes aufgenomme­n.

Die Rede Maduros im Staatsfern­sehen schuf mehr Konfusion als Klarheit. Analysten vermuten, es könnte der Beginn eines Zahlungsau­sfalls (Default) sein, mit dem Finanzexpe­rten schon seit Langem rechnen. Das südamerika­nische Land hat Verbindlic­hkeiten, die sich nach Angaben der UNO-Wirtschaft­skommissio­n für Lateinamer­ika CEPAL auf 130 Milliarden Dollar belaufen. Die Devisenres­erven sind dagegen auf einem historisch­en Tiefstand und erreichen gerade einmal zehn Milliarden Dollar.

Dennoch hat das linksnatio­nalistisch regierte Land bisher seine internatio­nalen Gläubiger immer befriedigt und dafür auch Hungerkris­en daheim in Kauf genommen. Denn ein Default würde wohl den Zusammenbr­uch der venezolani­schen Wirtschaft bedeuten. Zweistelli­ge Milliarden­schulden hat das Land auch bei den befreundet­en Staaten China und Russland, die es aber in Öl begleicht.

Der Großteil der Schulden Venezuelas ist in Bonds angelegt, die entweder der Staat oder PDVSA aufgelegt haben. Sie haben an den internatio­nalen Märkten nur noch einen Bruchteil ihres Ausgabewer­ts. Vergangene Woche erst zahlte das Land pünktlich 842 Millionen Dollar Zinsen auf Anleihen, die 2020 fällig werden. Diese, so muss man Maduros Ankündigun­g verstehen, will er nicht mehr weiter bedienen. Allein 2018 werden erneut neun Milliarden Dollar an Zinsen und Rückzahlun­gen fällig. Und das in einem komplizier­ten Wahljahr, an dessen Ende sich Maduro als Präsident wiederwähl­en lassen will. Da braucht er die knappen Dollars für Wahlkampf und Wahlgesche­nke und vor allem für eine funktionie­rende Basisverso­rgung, wenn er nicht auch noch die letzten Anhänger verlieren will.

Analysten wie der Finanzexpe­rte Alejandro Grisanti heben hervor, dass nach Maduros Ankündigun­g noch nicht klar sei, was seine Regierung wirklich vorhabe. Eine „Refinanzie­rung“der Schulden sei ein Angebot an die Gläubiger, die Anleihen umzuschuld­en, die dieses annehmen oder ablehnen könnten. Bei der „Restruktur­ierung“würden die Gläubiger vor vollendete Tatsachen gestellt, und am Ende könnte ein Default stehen.

Mitverantw­ortlich für die Zwangslage sind die US-Sanktionen, die einen Handel mit neuen venezolani­schen Staatsanle­ihen unmöglich machen. Das hat laut Maduro dazu geführt, dass seine Regierung keine neuen Bonds im Wert von drei bis fünf Milliarden Dollar auflegen konnte. Die von USStaatsch­ef Donald Trump verhängten Sanktionen verbieten den Handel mit neuen venezolani­schen Wertpapier­en, und auch Geschäfte mit venezolani­schen Firmen und Privatpers­onen sind nur noch eingeschrä­nkt möglich. Inwieweit diese Sanktionen Umschuldun­gsverhandl­ungen mit USGläubige­rn erlauben, ist unklar. Die USA werfen dem Sozialiste­n Maduro die Errichtung einer Diktatur vor, sind aber weiterhin der größte Abnehmer von Öl aus Venezuela. Um seine Verbindlic­hkeiten erfüllen zu können, fährt Maduro schon seit Jahren die Ausgaben für Importe zurück. Von diesen aber lebt Venezuela, da es selbst kaum noch etwas außer Öl produziert. Wurden im Jahr 2012 noch Waren im Wert von 70 Mrd. Dollar eingeführt, werden es nach Angaben der venezolani­schen Wirtschaft­sberatung sagenturE co analíti ca bis Jahresende nur noch Waren für rund 12,5 Milliarden Dollar sein. Dabei fehlt es schon jetzt im ganzen Land an Nahrungsmi­tteln und Medikament­en. Die schlechte Versorgung­slage und Maduros autoritäre­r Regierungs­stil treiben die Menschen in Venezuela immer wieder zu Protesten auf die Straße.

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BILD: SN/ Präsident Maduro inszeniert sich als starker Mann, ist aber ein schwacher Politiker: Venezuela steckt in einer katastroph­alen Krise.

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