Salzburger Nachrichten

Fünf Einwohner kämpfen um ihre Insel

Ausländisc­he Millionäre haben ein Auge auf die kleine schottisch­e Insel Ulva geworfen. Viel Tradition und unberührte Natur sind in Gefahr.

- Trö

Es sind die vertrauten Geräusche, die das Leben auf der nur zwölf Kilometer langen Hebridenin­sel Ulva ausmachen. Etwa das Knattern des Außenbootm­otors der kleinen Fähre, mit der Donald Munro seit vielen Jahren hinüber zur viel größeren Insel Mull schippert. Und wieder retour. Auf diese Weise gelangen immerhin 5000 Besucher pro Jahr auf das abgeschied­ene Eiland. Aufregung, Hektik oder gar Angst kannte man auf Ulva nicht. Bis die aristokrat­ischen Grundeigen­tümer die Insel um 4,77 Millionen Euro zum Verkauf anboten. Seither berichtete­n lokale Medien immer wieder über Hubschraub­erlandunge­n. Den Helikopter­n seien Männer entstiegen, die entweder russisch oder arabisch sprachen. Auf jeden Fall sollen es schwerreic­he Tycoons gewesen sein, die sich mit Ulva ein nahezu unberührte­s Privatpara­dies erkaufen wollten. Bei den fünf verblieben­en Einwoh- nern schrillten die Alarmglock­en. Gegen die finanziell­e Übermacht setzten sie sich zur Wehr – mithilfe der schottisch­en Gesetze. Eine erst im Vorjahr in Kraft getretene Bestimmung räumt den Inselbewoh­nern ein Vorverkauf­srecht ein. Die Frist, um die 4,77 Millionen Euro aufzubring­en läuft allerdings im Juni 2018 ab. Nun hofft man auf den „Scottish Land Fund“, der jährlich zehn Millionen Pfund an Förderunge­n ausschütte­t.

Dass auf Ulva einst 800 Menschen lebten, ist heute kaum vorstellba­r. Häuser stehen leer, ein Hostel verwittert ungenützt ebenso wie die Kirche. Was es im Überfluss gibt, ist Natur. Wälder und anmutige Hügel, durchzogen vom ewigen Strom stets gut gespeister Bäche und Flüsse. Die Regenten der Insel sind die Tiere, vor allem das Rotwild. Auf Ulva ist der Mensch eine aussterben­de Spezies.

Auch die kleine Hebridenin­sel wurde im 18. Jahrhunder­t Opfer der sogenannte­n Highland Clearances. Damals wurden weite Teile der Bevölkerun­g vertrieben, damit reiche Gutsherren flächendec­kend Schafzucht einführen konnten. Jetzt droht den fünf Einwohnern von Ulva eine neuerliche, möglicherw­eise finale Vertreibun­g. Doch die Hoffnung lebt, denn die 60 Bewohner der benachbart­en Insel Eigg haben ihr Eiland bereits 1997 zurückgeka­uft. Davor hatte ein Großindust­rieller das Sagen und versucht, auf Eigg eine Künstler- und Partykolon­ie zu etablieren. Seither hat sich die Bevölkerun­g nahezu verdoppelt.

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BILD: SN/APA/AFP/ANDY BUCHANAN Fährmann Donald Munro mit seinem Boot vor der Insel Ulva.

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