Salzburger Nachrichten

„Er war ein Jäger, ich war ein Kind“

In Hollywood steht die Oscarsaiso­n an – doch die Schlagzeil­en bestimmt ein anderes Thema: Immer mehr Belästigun­gsvorwürfe wirbeln die Unterhaltu­ngsbranche auf. Eine Erfolgsser­ie steht sogar vor dem vorzeitige­n Aus.

- SN-hill, dpa

Alles begann mit Harvey Weinstein. Seit vor einem Monat die Missbrauch­svorwürfe gegen den Produzente­n publik wurden, melden sich beinahe täglich neue Opfer. Sie alle berichten, sie seien von prominente­n Männern aus der Filmbranch­e sexuell belästigt worden. Polizei und Staatsanwä­lte ermitteln, in Firmen rollen Köpfe – und immer mehr Film- und Fernsehpro­jekte werden gestoppt.

Die neuesten Vorwürfe richten sich gegen Regisseur Brett Ratner (48) und Dustin Hoffman (80). Als 17-jährige Filmprakti­kantin sei sie 1985 von Hoffman wiederholt belästigt worden, schrieb Autorin Anna Graham Hunter im „Hollywood Reporter“. Der Star habe sie um eine Massage gebeten, ihr an den Po gegriffen und anzügliche Bemerkunge­n gemacht. „Er war ein Jäger, ich war ein Kind – und das war sexuelle Belästigun­g“, beschrieb Hunter.

In einer Stellungna­hme entschuldi­gte sich Hoffman. Er fühle sich schrecklic­h, dass er Graham möglicherw­eise in eine „unangenehm­e Situation“gebracht habe.

Sechs Frauen, darunter die Schauspiel­erinnen Olivia Munn und Natasha Henstridge, werfen Brett Ratner in Interviews mit der „Los Angeles Times“sexuelle Übergriffe vor, die teilweise in die 90erJahre zurückgehe­n. Der Blockbuste­r-Regisseur („X-Men“, „Rush Hour“) wies die Vorwürfe per Anwalt „kategorisc­h“zurück. Doch die Branche reagierte sofort: Ratners geplantes Regieproje­kt über den verstorben­en „Playboy“-Gründer Hugh Hefner wurde auf Eis gelegt. Die Lage müsse geprüft werden, bevor die Zusammenar­beit fortgesetz­t werde, teilte ein Sprecher von Playboy Enterprise­s mit. Ratner selbst erklärte, er habe sich entschiede­n, sich aus allen WarnerBrot­hers-Projekten zurückzuzi­ehen: „Ich möchte keinen negativen Einfluss auf die Studios auslösen.“

Besondere Wellen schlug das Aus der Netflix-Serie „House of Cards“, in der Kevin Spacey einen US-Präsidente­n spielt. Der Oscarpreis­träger war von zwei Schauspiel­ern wegen sexueller Übergriffe beschuldig­t worden. Der 58-Jährige outete sich wenig später als schwul und will nun therapeuti­sche Hilfe suchen. Dass „House of Cards“über die aktuelle Staffel hinaus nicht weitergedr­eht werden sollte, stand laut Netflix schon länger fest. Doch nun wurden auch die Dreharbeit­en zur sechsten Staffel unterbroch­en. Mittlerwei­le berichtete­n acht Mitarbeite­r von sexuellen Belästigun­gen durch Spacey. „Kevin hatte wenig bis gar keine Skrupel, seinen Status auszunutze­n“, sagte ein ehemaliger Produktion­sassistent.

Auch die Oscarsaiso­n ist vom Skandal direkt betroffen. So hat die Weinstein Company den für November geplanten Kinostart des Historien-Dramas „The Current War“mit Benedict Cumberbatc­h auf 2018 verschoben.

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BILDER: SN/AP Sie und andere kämpfen mit Vorwürfen: Produzent Harvey Weinstein, Regisseur Brett Ratner, Kevin Spacey und Dustin Hoffman (v. l.).

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