Salzburger Nachrichten

Zu zehnt nach oben gondeln

Die Zahl der Mitreisend­en auf dem Weg zum Skivergnüg­en wächst. Kapazitäts­steigerung ist dabei nur ein Grund für die Dominanz an 10er-Gondeln bei den diesjährig­en Neubauten.

- FRED FETTNER

SALZBURG. Die Salzburger Bergbahnen Wildkogel und Schmittenh­öhe sind nur zwei unter vielen, die im bevorstehe­nden Skiwinter Seilbahnen mit 10er-Kabinen in Betrieb nehmen. Doch die Zeiten, als 10erKabine­n ursprüngli­ch noch reine Stehkabine­n waren, sind vorbei. „Wir haben 2009 als Erste mit Sitzgondel­n für zehn Personen begonnen“, erklärt Martin Leitner, Vorstand des gleichnami­gen Südtiroler Seilbahnri­esen. Seither habe der Komfort jedoch deutlich zugelegt. „Den Innenraum haben wir auf 2,10 Meter erhöht, dadurch erhält der Fahrgast bessere Rundumsich­t.“

Wenn es um Winterspor­tanlagen geht, sind sich die beiden Leitbetrie­be des Bergbahnba­us – eben Leitner und Doppelmayr aus Vorarlberg – einig: Alle Investitio­nen sind dem wachsenden Komfortans­pruch der Gäste unterzuord­nen. „Bei den 10er-Gondeln können wir bei gleicher Kapazität langsamer in der Zu- und Ausstiegsp­hase unterwegs sein. Das erhöht die Sicherheit“, führt Doppelmayr-Pressespre­cher Ekkehard Assmann an. Zusätzlich bietet die jüngste Generation, wie sie am neuen AreitXpres­s in Zell am See zu finden sein wird, den Ernährungs­gewohnheit­en entspreche­nd breitere Sitze. Doch auch das Design gewinne für den Fahrgast an Bedeutung, führt Martin Leitner die von der Edeldesign­schmiede Pininfarin­a entworfene­n Diamond-Gondeln an. Sie kommen diesen Winter weltweit erstmals auf der Spieljochb­ahn im Zillertal zum Einsatz.

Noch intensiver wird moderne Architektu­r in den neuen Stationsge­bäuden wahrgenomm­en. Barrierefr­eiheit ist hier eine angestrebt­e Begleiters­cheinung. Nicht zuletzt, weil die neuen Bahnen überwiegen­d auch im Sommer genutzt werden. Da bedeuten größere Kabinen bessere Möglichkei­ten für den Transport von Kinderwage­n, Rollstühle­n oder auch Mountainbi­kes.

Wobei es bekanntlic­h noch größere Kabinen geben würde. Doch die über 100 Leute fassenden Schwebebah­nen sind nicht nur bei Klaustroph­oben wenig beliebt, und Zwischengr­ößen für 15 bis 24 Fahrgäste wurden in Österreich nicht errichtet. Die 3S- oder Funitel-Anlagen, wie sie zuletzt etwa am Kitzsteinh­orn gebaut wurden, werden bei besonders windausges­etzten Gipfeln und zum Überspanne­n von Tälern errichtet. Denn für die Seilbahner steht neben dem Komfortans­pruch der Gäste, der nicht zuletzt den hohen Ticketprei­sen geschuldet ist, die Wirtschaft­lichkeit im Vordergrun­d. Während der Preisunter­schied zwischen 8er- und 10er-Gondeln bei gleicher Kapazität kaum gegeben ist, kosten 3SBahnen ein Vielfaches.

„Für uns stand eindeutig der 50prozenti­ge Kapazitäts­zuwachs im Vordergrun­d“, sagt Schmittenh­öheVorstan­d Erich Egger. Knapp die Hälfte der täglich bis zu 13.000 Winterspor­tler, die auf die Schmitten fahren, nimmt die Areitbahn im Süden von Zell am See. „Wartezeite­n von einer Stunde sind in unserem Umfeld nicht mehr vertretbar. Und nun Geschichte“, sagt Egger und begründet damit die Investitio­n. Denn die alte Bahn war technisch noch völlig in Ordnung. Weltenbumm­ler können ein Wiedersehe­n mit ihr in Kolumbien feiern.

12,7 Millionen Euro investiert­en die Wildkogel-Bergbahnen, damit es mit dem Ganzer X-press diesen Winter von Neukirchen rasant in die Wildkogel-Arena geht. „Die Bahn kommt nicht viel teurer als ein topmoderne­r 6er-Sessellift, bietet aber viel mehr Sicherheit“, erklärt Geschäftsf­ührer Bernhard Gruber die Wahl für die von Leitner errichtete 10er-Kabinenbah­n. Sie diene vor allem einer einfachen und dementspre­chend oft von kleinen Kindern befahrenen Piste. Gerade für Kinderskik­urse sind Sessellift­e unbeliebt, müssen doch Erwachsene gefunden werden, welche die Kinder mitnehmen. „Immer seltener sind die Menschen gewillt, die Verantwort­ung zu übernehmen“, sagt Gruber. In die Gondeln passt meist die ganze Gruppe. Und die hat Spaß. Einziger Nachteil gegenüber Sessellift­en ist das Ab- und Anschnalle­n der Ski, doch anders als in den USA sehen die Menschen das in unseren Breiten kaum als Komfortver­lust. Stattdesse­n freuen sie sich über die wärmere Auffahrt. Durch den Neubau kann die Wildkogel-Arena diesen Winter mit zusätzlich 2,5 Kilometern Piste aufwarten. Noch mehr sollen aber Freerider profitiere­n, denn 15 Hektar Skiraum für Variantenf­ahrer sind nun erschlosse­n.

Die Frage, ob bei ständig wachsenden Kapazitäte­n nicht die Pistenfläc­hen überlastet werden, verneinen alle Beteiligte­n. „Überwiegen­d sind es Zubringerb­ahnen, die nur ein oder zwei Mal pro Tag genutzt werden“, sagt Assmann. Denn Engpässe treten zunehmend auf, wenn bei noch schlechter Schneelage im Tal und aufkommend­em Schlechtwe­tter alle zugleich zur Talfahrt drängen. Leitner führt als Vorteil das variable Antriebssy­stem an, mit dem mit sieben Metern pro Sekunde Höchstgesc­hwindigkei­t die Menschen schnell ins Skigebiet kommen, im Tagesverla­uf aber das Tempo reduziert werden kann.

Der leichte Überhang von Doppelmayr gegenüber Leitner drückt sich auch in den globalen Zahlen aus. Im Jahr 2016 erwirtscha­ftete die gesamte Unternehme­nsgruppe Leitner 773 Millionen Euro Umsatz. „Im laufenden Geschäftsj­ahr werden wir die 800-Millionen-Marke überschrei­ten“, ist Martin Leitner überzeugt. Doppelmayr-Sprecher Assmann hält sich angesichts des am 22. November bevorstehe­nden Geschäftsb­erichts mit Details und Prognosen bedeckt. Zuletzt lag Doppelmayr­s Gesamtumsa­tz bei 834 Millionen Euro. Nur eines hebt Assmann hervor: „Mit 70 bis 75 Prozent war und ist der Winter für Doppelmayr das wichtigste Segment.“Der Rest verteile sich auf Aussichtsb­ahnen, urbane Verkehrsmi­ttel und Materialtr­ansport.

„Design gewinnt an Bedeutung.“Martin Leitner, Leitner Seilbahnen

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BILD: SN/HASENAUER ARCHITEKTE­N Auch die Stationen der Bergbahnen, wie hier des AreitXpres­s in Zell am See, zeigen sich in modernem Kleid.
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