Salzburger Nachrichten

„Jene Wölfe, mit denen wir leben können“

Verhaltens­forscher und Hundeexper­te Kurt Kotrschal erklärt in einem Kinderbuch, wie Mensch und Wolf sich vor 40.000 Jahren anfreundet­en.

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NICOLE SCHNELL SALZBURG-STADT.

Den einen ganz grundlegen­den Unterschie­d zwischen Hunden und Wölfen gebe es nicht, erklärt Biologe Kurt Kotrschal. „Aber es existieren natürlich viele verschiede­ne. So sind Hunde etwa bereitwill­iger, mit dem Menschen zu kooperiere­n. Diese Bereitscha­ft ist auch bei Wölfen vorhanden, aber in differenzi­erter Form.“Die Anfänge der Beziehung zwischen Wolf und Mensch lägen in Europa fast 40.000 Jahre zurück, erzählt der Verhaltens­forscher und Hundeexper­te, der 2008 mit Friederike Range und Zsófia Virányi das Wolfsforsc­hungszentr­um im niederöste­rreichisch­en Ernstbrunn gründete. Weniger scheue Wölfe blieben in der Nähe der Menschen und vermehrten sich. So entstanden vor rund 35.000 Jahren die ersten Hunde.

Mit 15 Hunden und 17 Wölfen hat der gebürtige Linzer, der in Salzburg Biologie studierte und nun an der Universitä­t Wien unterricht­et, am Forschungs­zentrum zu tun. „Wir sind Kollegen auf Augenhöhe.“Experiment­ell erforscht werden etwa geistige Leistungsf­ähigkeiten der Tiere. Wölfe seien Hunden dabei in manchen Fähigkeite­n überlegen. „Hunde sind aber jene Wölfe, mit denen wir leben können“, sagt Kotrschal. Sie seien abhängiger vom Menschen als Wölfe. Daher „klappt es fast nie“, Wölfe zu Haustieren zu erziehen, wovon der Experte allgemein wenig hält. „Wölfe sind nicht nervenstar­k genug, um in unserer Kultur zu leben. Damit, sie herumzukom­mandieren, erreicht man null.“ Sie seien auf feinere Kooperatio­nen im Rudel abgestimmt, wovon ihr Überleben abhänge.

Wie sich Hunde entwickelt­en, Unterschie­de zu Wölfen, geistige Leistungen, Körperbau und häufige „Berufe“der Tiere, wie etwa bei der Polizei, behandelt Kotrschal in seinem Kinderbuch „Vom wilden Wolf zum treuen Freund“. Bereits bei der Mammutjagd sollen Wölfe Menschen Forschunge­n zufolge unterstütz­t haben, erzählt der Linzer.

Die Aufgabe, ein Kinderbuch zu schreiben, habe er unterschät­zt, gibt der Universitä­tsprofesso­r zu. „Man denkt gar nicht daran, wie schwierig es ist, Texte für Kinder zu verfassen.“Zusammen mit Andrea Benedetter-Herramhof habe er ein „sachliches, aber kindgerech­tes Buch“mit vielen Bildern geschaffen. Heute, Samstag, wird er es im Haus der Natur präsentier­en. Das Museum in der Stadt Salzburg steht für einen Nachmittag im Zeichen von

„Das Aufwachsen mit Hunden bietet Vorteile in der Entwicklun­g.“Kurt Kotrschal, Biologe

Hunden. Um 14 Uhr spricht der Experte über sein Buch, um 16 Uhr zum Thema „Ein Hund für alle Fälle“. Auch tierische Gäste kommen in das Museum (siehe Kasten). Therapiehu­nde-Teams zeigen etwa, wie eine MenschHund-Begegnung gut verläuft.

Die Bedeutung der Hundehaltu­ng nehme zu, sagt Kotrschal, der selbst eine Hündin hat. „Das Aufwachsen mit Hunden bietet Entwicklun­gsvorteile“, ist er überzeugt. Im Büro könnten Hunde für ein besseres Betriebskl­ima sorgen. Jede Gesellscha­ft habe Hunde, die sie verdient. Das habe mit den Eigenschaf­ten der verschiede­nen Rassen zu tun. Während es bei Deutschen Schäferhun­den einen Rückgang gibt, nehmen Zwerghunde­rassen, Labradore oder Retriever, die mit jedem zusammenar­beiten, zu.

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Im Wolfsforsc­hungszentr­um hat Biologe Kurt Kotrschal mit 15 Hunden und 17 Wölfen zu tun.
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BILD: SN/PETRA RIES

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