Pilz, Ollendorf und die Sache mit dem Fächer
Was Operette und Politik miteinander zu tun haben. Und wo sich Laune auf Posaune reimt.
Nein, Österreich hat kein Glück mit seinen Namenslisten. Erst hatten wir ein Team Stronach ohne Stronach. Jetzt kriegen wir womöglich eine Liste Pilz ohne Pilz. Da stellt sich nun natürlich die bangste aller Fragen: Wie wird das mit der Liste Sebastian Kurz?
Wobei man die Dinge auseinanderhalten muss. Frank Stronach ist freiwillig gegangen, weil ihm die Politik keinen Spaß mehr machte. Er könne ja auch am Strand liegen und sich von vier Frauen massieren lassen, sagte er damals wörtlich. (Die Namen der vier Damen sind der Redaktion nicht bekannt.)
Peter Pilz hingegen hat, wie man unter Operetten-Liebhabern sagen würde, einen Ollendorf gebaut. Zur Erinnerung: Oberst Ollendorf ist im „Bettelstudent“von Carl Millöcker der Gouverneur von Krakau, der sich dem schönen Komtesserl Laura in gleichbehandlungsanwaltschaftswidriger Weise nähert. Nachher versucht er die Sache herunterzuspielen, indem er den Schlager „Ach ich hab’ sie ja nur auf die Schulter geküsst“knödelt. Empört berichtet er über die Reaktion, die er damit auslöste. Die Komtess habe ihm – „Alle Himmelmillionendonnerwetter, heiliges Kanonenrohr!“– mit dem Fächer ins Gesicht geschlagen.
So weit die völlig unglaubwürdige Operetten-Handlung. Realistisch wäre es gewesen, dass Laura gar nichts tut, sondern den Vorgang unter dem Siegel der Verschwiegenheit dem Klubvorstand von Ollendorfs Partei mitteilt oder nach Ablauf einiger Jahrzehnte unter dem Häschtäg „Krakauer“via Twitter verbreitet. Aber nein, Operette halt.
Apropos: Auch die Koalitionsverhandlungen zwischen ÖVP und FPÖ haben derzeit etwas Operettenhaftes an sich. Wenig Handlung, dafür schöne Bilder und einschmeichelnde Melodien. Der einleitende Kassasturz, bei dem die ÖVP so neugierig war, wie es in dem von ihr seit 15 Jahren verwalteten Budget eigentlich aussieht, endete mit der bekannten Arie aus dem „Bettelstudent“: „Ich hab’ kein Geld, bin vogelfrei, will aber nicht verzagen. Du, Jugendleichtsinn, steh’ mir bei, mein Schicksal zu ertragen. Blas’ ich schon Trübsal, sapperment, tu ich’s in bester Laune, und zwar auf jedem Instrument, sogar auf der Posaune!“
Experten gehen davon aus, dass ÖVP und FPÖ diese Zeilen ihrem Koalitionspakt als Präambel voranstellen werden. Noch ist es aber nicht so weit. Unter dem Häschtäg „Steuerungsgruppe“singen die Verhandler derzeit lediglich den „Bettelstudent“-Schlager „Ich knüpfte manche zarte Bande“. Und erst am Ende wird man flöten: „Durch diesen Kuss sei unser Bund geweiht.“– Happy End jedenfalls, wie in der Operette. Da wird der olle Ollendorf entmachtet und das Komtesserl mit dem Fächer kriegt einen Adeligen als Mann.