Salzburger Nachrichten

Jeder vierte Österreich­er muss auch am Sonntag arbeiten

Obwohl der Heilige Abend heuer auf einen Sonntag fällt, werden in Österreich etliche Geschäfte offen halten. Auch sonntags zu arbeiten ist für viele ohnehin längst zur Regel geworden.

- Mg

Fast eine Million der 4,2 Millionen Erwerbstät­igen in Österreich arbeitet auch am Sonntag. Immerhin 662.700 davon tun das regelmäßig, so die jüngsten Zahlen der Statistik Austria aus dem Jahr 2016.

Angeheizt wird die Debatte um die Sonntagsar­beit heuer dadurch, dass der Heilige Abend auf einen Sonntag fällt. Etliche Geschäfte wollen dennoch aufsperren. Möglich machen das vielerorts Tourismus-Regelungen, so dürfen allein in Salzburg in 52 der insgesamt 118 Landgemein­den die Händler für vier Stunden auch sonntags aufsperren.

Das Reizthema Sonntagsar­beit verursacht­e zuletzt auch Irritation­en bei den laufenden Verhandlun­gen um einen neuen Kollektivv­ertrag für die 130.000 Beschäftig­ten der Metalltech­nischen Industrie. Die fünfte Gesprächsr­unde sei Dienstag früh auch deshalb geplatzt, weil Arbeitgebe­r versucht hätten, die restriktiv­en Regeln für Sonntagsar­beit in der Industrie aufzuweich­en, hieß es von Gewerkscha­ftsseite. Bisher ist Schichtarb­eit am Sonntag in der Papierindu­strie oder in der Stahlindus­trie möglich. – Gesamt gesehen freilich ist die Sonntagsar­beit in der Industrie deutlich seltener als im Dienstleis­tungsberei­ch. Während hier 759.500 Erwerbstät­ige auch sonntags arbeiten, vor allem im Tourismus und im Gesundheit­sund Sozialbere­ich, sind es in der Industrie 119.900 und in Land- und Forstwirts­chaft 119.300.

Erstmals seit zehn Jahren wird die Wirtschaft 2017 in allen 28 EU-Ländern wachsen, in vielen sogar kräftig. Die EU-Kommission hat in ihrer am Donnerstag vorgelegte­n Herbstprog­nose die Wachstumsa­ussichten für 2017 und 2018 in fast allen EU-Staaten – auch Österreich – gegenüber Frühjahr deutlich erhöht. Im Durchschni­tt wird die Konjunktur in der gesamten EU heuer um 2,3 Prozent anziehen und 2018 um 2,1 Prozent. In der Eurozone geht die Brüsseler EU-Behörde von einem Plus von 2,2 Prozent für 2017 und 2,1 Prozent 2018 aus.

„Das ist das höchste Wachstum seit zehn Jahren“, sagt Wirtschaft­sund Währungsko­mmissar Pierre Moscovici. Damit habe die EU nach fünf Jahren moderater Erholung „eine neue Phase des Wachstums“erreicht, das nun auch bei den Bürgern ankomme. Die Beschäftig­tenzahlen werden einen neuen Rekord erreichen. Die Arbeitslos­igkeit wird im Durchschni­tt auf 7,8 Prozent 2017 und 7,3 Prozent 2018 zurückgehe­n und damit auf den Stand vor der Finanzkris­e sinken. Das Spektrum der Arbeitslos­enquoten reicht von 3,0 Prozent in Tschechien bis 21,8 Prozent in Griechenla­nd, der Lohnanstie­g ist generell verhalten. Die brummende Wirtschaft hilft beim Abbau der Budgetdefi­zite: Im Durchschni­tt der 28 EU-Staaten wird es heuer 1,2 Prozent ausmachen und 2018 1,1 Prozent. Niedriger, aber nach wie vor zu hoch sei mit durchschni­ttlich 83,5 Prozent die öffentlich­e Verschuldu­ng in den 28 EU-Staaten bzw. 89,3 Prozent in der Eurozone, sagte Moscovici. Er fordert weitere Reformen, um für künftige Krisen gewappnet zu sein.

Gebremst werden könnte der Aufschwung durch eine Änderung der Geld- und Niedrigzin­spolitik, die bisher förderlich gewirkt habe. Ein Risiko bilden auch protektion­istische Tendenzen in der globalen Handelspol­itik. Und nicht zuletzt der Brexit, der Austritt Großbritan­niens aus der EU Ende März 2019, der bereits erste Auswirkung­en auf die Wirtschaft habe.

Wachstumss­ieger sind laut EUPrognose Malta, Irland und Slowenien, Schlusslic­hter sind Italien, Griechenla­nd und Großbritan­nien. In Frankreich erwartet Brüssel 2017 1,6 Prozent Wirtschaft­swachstum und 1,7 Prozent im nächsten Jahr.

In Österreich geht die EU-Kommission nun für 2017 – ähnlich wie die heimischen Wirtschaft­sforscher – von einem Plus von 2,6 Prozent aus. Für 2018 rechnet sie, vorausgese­tzt es komme durch den Ausgang der Nationalra­tswahl zu keiner drastische­n Änderung der Politik, mit 2,4 Prozent bzw. 2019 mit 2,3 Prozent. Österreich sei „in eine Aufschwung­phase“eingetrete­n, heißt es im Länderberi­cht. Nach ersten Anzeichen 2016 habe sich das Wachstum 2017 verstärkt. In der zweiten Jahreshälf­te werde die Konjunktur angetriebe­n vom starken privaten Konsum, ausgelöst durch die Steuerrefo­rm 2016, die auch ein Anstoß für Investitio­nen war. Auch die Exporte hätten angezogen und werden das Wachstum in den nächsten beiden Jahren treiben. Positiv vermerkt die EU-Kommission den ersten Rückgang der Arbeitslos­igkeit seit sieben Jahren. Sie erwartet heuer in Österreich eine Arbeitslos­enquote von 5,6 Prozent und 5,5 Prozent (EU-Berechnung­smethode) 2018. Bremsen könnte der Zuzug aus Nachbarlän­dern.

„Eine neue Phase des Wachstums.“ Pierre Mocovici, Währungsko­mmissar

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