Salzburger Nachrichten

Präsident Trump gönnt China allzu billige Siege

Beim Empfang des amerikanis­chen Präsidente­n in Peking hat viel Pomp dem Ego Donald Trumps sichtlich geschmeich­elt.

- Helmut L. Müller HELMUT.MUELLER@SN.AT

Das war eine Inszenieru­ng ganz nach dem Geschmack der chinesisch­en Führung. Trump fand bloß noch bewundernd­e Worte für Staats- und Parteichef Xi Jinping. Kritisches zu der in China nach wie vor herrschend­en Autokratie kam Trump dagegen nicht von den Lippen – als verstünde sich sein Land nicht länger als Vorkämpfer der freien Welt. Xi sprach auf Augenhöhe mit Trump und bekam damit auf dem silbernen Tablett serviert, was Russlands Präsident Wladimir Putin beim Kräftemess­en mit Amerika bisher vergebens begehrt hat.

Die Unterzeich­nung diverser Handelsver­träge in Peking bot Trump die Chance, sich beim heimischen Polit-Publikum als Dealmaker in Szene zu setzen. Nur Kundige können einschätze­n, dass ein Teil des großen Geschäfts lediglich aus Absichtser­klärungen und Luftbuchun­gen besteht. Nicht einmal Chinas Anteil am Handelsung­leichgewic­ht zwischen beiden Staaten brachte Trump kritisch zur Sprache. Dieses ist auch deshalb so enorm, weil China internatio­nalen Investoren weiterhin seinen Markt versperrt.

Trumps China-Politik offenbart eine Kehrtwendu­ng um 180 Grad. Zum Amtsbeginn dieses Präsidente­n propagiert­e das Trump-Team in übertriebe­ner Form eine verschärft­e Frontstell­ung gegen China; Russland sollte zum strategisc­hen Partner avancieren. Aus der Freundscha­ft mit dem Kremlreich ist wie erwartet nichts geworden. Stattdesse­n betont Trump jetzt ebenso übertriebe­n das pure Einvernehm­en mit Peking und erweckt damit den Eindruck, als gäbe es gar keine Rivalität mehr. Die USA und China erscheinen hier als gleicherma­ßen bestimmend­e Kräfte einer wiederum bipolaren Welt.

Diese Kehrtwende Washington­s wird die Verunsiche­rung vieler Staaten in Asien weiter vergrößern. Sie rufen angesichts des Vormarsche­s der Volksrepub­lik China in der Region mehr denn je nach einem politische­n Gegengewic­ht. Deshalb ist der von Trump verkündete Rückzug der USA aus der Transpazif­ischen Partnersch­aft (TPP), die ja Pekings wachsenden Einfluss kontern sollte, ein schwerer strategisc­her Fehler gewesen.

Der Kontrast ist einfach frappieren­d: Ein geschwächt­er US-Präsident trifft auf Xi Jinping, der mehr denn je Chinas starker Mann ist. Trumps Mangel an strategisc­hem Denken stößt auf Xis Vision, die Volksrepub­lik spätestens bis 2050 zur globalen Macht aufzubauen. Trumps Abkehr von Amerikas bisheriger Rolle in der Weltpoliti­k hinterläss­t Leerstelle­n, die Xi bereitwill­ig füllt.

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