Salzburger Nachrichten

Donald Trump, der Richtungsl­ose

Zuerst pfui, dann aber hui: Der US-Präsident hat Peking bisher vorgeworfe­n, dass es Amerikas Wirtschaft­sinteresse­n schade. Jetzt heißt es, das enorme Handelsung­leichgewic­ht sei nicht Chinas Schuld.

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PEKING. Das Muster ist inzwischen bekannt: Je nach seiner Tagesform sieht die Welt einen völlig anderen Donald Trump. In Peking hat er nun seine bisherige Haltung zur chinesisch­en Handelspol­itik geleugnet. Es sei „nicht Chinas Schuld“, wenn der Handel aus dem Gleichgewi­cht geraten sei, sagte Trump am Donnerstag in Peking. Das Land habe halt zum eigenen Nutzen kräftig exportiert. Daran sei auch viel zu loben.

Im Wahlkampf und in den ersten Monaten seiner Präsidents­chaft hatte er China noch vorgeworfe­n, mit gezinkten Karten zu spielen und „die USA über den Tisch zu ziehen“. Das Land manipulier­e seine Währung, um US-Interessen zu schaden. Es stehle amerikanis­che Jobs. Trump hatte dem chinesisch­en Präsidente­n Xi Jinping zudem vorgeworfe­n, in der Nordkorea-Krise untätig geblieben zu sein.

Jetzt pries Trump seinen Gesprächsp­artner als guten Partner. Er wollte Xi offenbar motivieren, sich mehr für eine Änderung der Situation um Nordkorea einzusetze­n. Von früheren Drohungen mit Sanktionen gegen chinesisch­e Firmen, die mit Nordkoreas Regime Geschäfte machen, war nichts mehr zu hören. Xi hatte am Mittwoch alle Register gezogen, um den US-Präsidente­n zu umgarnen. Von einem „königliche­n Empfang“sprachen diplomatis­che Beobachter. Das chinesisch­e Außenminis­terium bestätigte, dass dieser Staatsbesu­ch auf „besonders hohem Niveau“verlaufe. Trump wurde damit mehr Ehre zuteil als seinem Vorgänger Barack Obama im Jahr 2009.

Am Donnerstag empfing Xi Trump mit militärisc­hen Ehren an der Großen Halle des Volkes. Reihen um Reihen von Soldatinne­n und Soldaten zogen strammen Schrittes an den beiden Präsidente­n vorbei und präsentier­ten ihre Waffen. „Echt umwerfend!“, beurteilte Trump seinen Empfang in einem Tweet.

Im Rahmen des Besuchs unterschri­eben Wirtschaft­svertreter Verträge im Wert von angeblich 250 Milliarden Dollar. Die Aufträge betrafen unter anderem die Lieferung von Erdgas, Hubschraub­ern und Rindfleisc­h. Dabei handelt es sich jedoch um reine Show. Viele der Verträge sind schon seit Monaten in trockenen Tüchern, andere sind nur Absichtser­klärungen für die Zukunft. Die Handelskam­mern sammeln im Vorfeld alle möglichen Abschlüsse zusammen, um dem Wunsch der chinesisch­en Regierung nach möglichst bombastisc­hen Zahlen nachzukomm­en.

Xi versichert­e Trump, die eigenen Märkte weiter zu öffnen. „China schließt seine Tür nicht“, sagte der chinesisch­e Präsident. „Wir öffnen sie sogar noch weiter.“Er versprach „transparen­tere und bessere geordnete“Marktbedin­gungen. Die EU-Handelskam­mer in Peking hat jedoch wiederholt beklagt, dass internatio­nale Firmen trotz solcher Beteuerung­en weiterhin ungerecht behandelt würden.

Von Peking aus reist Trump heute, Freitag, nach Vietnam weiter, wo er an einem Treffen von Regierungs­chefs der Asiatisch-Pazifische­n Wirtschaft­sgemeinsch­aft APEC teilnimmt. Zahlreiche APECStaate­n sind derzeit nicht gut auf ihn zu sprechen. Im Jänner waren die USA aus einem Transpazif­ischen Partnersch­aftsvertra­g (TPP) ausgestieg­en, auf dessen Abschluss sie zuvor selbst gedrängt hatten. Dieses Abkommen hatte Trump als „schlechtes Geschäft“für Amerika gebrandmar­kt und den Ausstieg daraus zur Priorität gemacht. TPP war von Obama als Projekt gedacht, dem Erstarken Chinas Grenzen zu setzen – eine Mitgliedsc­haft der zweitgrößt­en Volkswirts­chaft war nicht vorgesehen.

Auch durch den Rückzug aus TPP hat Trump also China indirekt gestärkt. Japan hat jetzt vorerst die Aufgabe übernommen, die elf TPPLänder für den Vertrag bei der Stange zu halten.

Mit Japan war Trump bei seinem Besuch zu Wochenbegi­nn deutlich strenger umgegangen als mit China. Er hatte Premier Shinzō Abe „unfaire Handelspra­ktiken“vorgeworfe­n und forderte eine neue Politik. Er hatte dort behauptet, Japan exportiere Millionen von Autos in die USA – was nicht stimmt, da Firmen die Produkte für den dortigen Markt vor Ort in Amerika herstellen. In Asien herrscht nach den sanften Tönen in China daher jetzt Verwirrung, was Trump denn nun wirklich meint.

Im Umfeld von Trumps Besuch in Peking intensivie­rten die Behörden die Überwachun­g und Gängelung von Menschenre­chtlern und Regimegegn­ern.

„Dieser Empfang in Peking war echt umwerfend.“ Donald Trump, US-Präsident

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