Salzburger Nachrichten

Bergsteige­r nach fünf Tagen gerettet: „Das ist ein Wunder“

Ein 45-jähriger Deutscher harrte verletzt und unter widrigsten Bedingunge­n in einer Felsspalte aus. Dass die Bergretter ihn überhaupt fanden, liegt an einer Reihe glückliche­r Zufälle.

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Christoph Preimesber­ger hat schon vieles erlebt. Doch als man an diesem Morgen mit dem Ortsstelle­nleiter der Bergrettun­g Hallstatt spricht, ist die Euphorie unüberhörb­ar: „Wir sind so froh, dass alles gut ausgegange­n ist.“

Die Rede ist von einer Suchaktion, die an Dramatik schwer zu überbieten war. Seit vergangene­m Samstag harrte ein 45-jähriger Deutscher in einer Felsspalte am Dachstein aus. Der Mann war offenbar am Weg zur Adamekhütt­e im tief verschneit­en Gelände 20 Meter in die Doline gestürzt. Das Problem: Er hatte keinen darüber informiert, wohin seine Wanderung führt.

„Seine Eltern haben ihn am Montag bei der Polizei in Duisburg als vermisst gemeldet“, erklärt Alpinpoliz­ist Bernhard Magritzer, der die Einsatzlei­tung über hatte. Doch die Polizei in Deutschlan­d wurde erst am Mittwoch aktiv. Da der Mann, dessen Familie in Bad Reichenhal­l einen Zweitwohns­itz hat, mit einem Mietwagen unterwegs war, konnte die Autofirma den Wagen orten – er stand tief verschneit auf einem Parkplatz im Raum Gosau. „Wir haben am Mittwoch mit der Suche begonnen. Unsere Hoffnung war, dass der Vermisste vielleicht im Winterraum der Adamekhütt­e ist“, erzählt Bergretter Preimesber­ger. Die rund 20 Mann der Bergrettun­g und Alpinpoliz­ei stiegen am Mittwoch unter Einsatz ihres Lebens wieder ins Tal ab. Auf dem Berg hatte es zu diesem Zeitpunkt rund eineinhalb Meter Neuschnee. Immer wieder gingen Lawinen ab.

Dann passierte etwas Unvorherge­sehenes: Dem Deutschen gelang es, mit seinem Handy, das bis dahin keinen Empfang hatte, einen Notruf abzusetzen. Er rief bei der Polizei in Linz und in Gmunden an. Doch beide Gespräche wurden immer wieder unterbroch­en. „Der Kollege in Gmunden hat dann intuitiv richtig gehandelt. Er hat dem Anrufer ein SMS geschickt. Als dieser geantworte­t hat, war der Ernst der Lage klar“, erzählt Alpinpoliz­ist Magritzer. Der Deutsche erklärte in dem AntwortSMS, dass er in einer Doline festsitze, Verletzung­en an der Schulter und am Knöchel habe, und nannte seine genauen GPS-Daten. Noch in der Nacht brachen die Bergretter erneut auf und entdeckten die Felsspalte und den Mann. „Hätten alle diese Puzzleteil­e nicht perfekt zusammenge­passt, hätten wir den Mann nicht gefunden“, ist Magritzer sicher. Der Mann, der mit einer Körpertemp­eratur von 34,6 Grad geborgen wurde, könnte nun bereits in zwei Tagen die Intensivst­ation des Klinikums Wels verlassen. Lebensgefa­hr besteht keine. Sein Glück war auch, dass es in der Felshöhle immer Plusgrade hatte. „Es gab dort keinen Wind, etwas Wasser zum Trinken und immer noch Bodenwärme, das ist entscheide­nd“, erklärt Bergretter Preimesber­ger. Und nach einer Pause: „Das ist schon ein Wunder. Ein kleines.“

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BILD: SN/APA (POLIZEI OÖ)/UNBEKANNT In diesem Felsloch war der Deutsche gefangen.

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