Salzburger Nachrichten

Pflügen wie in der Steinzeit ist mühselig

In der Steiermark wird mit Holzpflug und alten Getreideso­rten ein Testfeld in Betrieb genommen.

- U.k.

Vor dem Rindvieh war der Mensch: Wer wissen will, wie die Vorfahren gearbeitet haben, muss das manchmal selbst ausprobier­en.

Archäologe­n des Universalm­useums Joanneum und der KarlFranze­ns-Universitä­t Graz pflügten erstmals in Großklein einen Acker und bestellten ihn mit der Weizensort­e Emmer. Im Vorderen Orient datierte man die ältesten archäologi­schen Funde von Emmer auf 8000 bis 6000 v. Chr. Anstatt moderne Geräte einzusetze­n, wendeten die Forscher Techniken an, die bereits in der Jungsteinz­eit bekannt waren. Ausschlagg­ebend für den Versuch war der Fund eines jungsteinz­eitlichen Tonlöffels bei den diesjährig­en archäologi­schen Grabungen in Kleinklein, der die Besiedlung des Großkleine­r Raumes im heutigen Bezirk Leibnitz schon vor 7000 Jahren bestätigt.

Die Archäologe­n bauten für den Versuch einen Holzpflug nach, wie er in der Jungsteinz­eit zum Einsatz kam. Dieser ganz schlichte Ritzpflug wurde von ein bis zwei Personen gezogen und von einer weiteren Person gesteuert.

Das Projekt „PalaeoDive­rsiStyria“, das aus Mitteln des Europäisch­en Fonds für Regionale Entwicklun­g (EFRE) finanziert wird, hat zum Ziel, aus archäologi­schen Grabungen mithilfe naturwisse­nschaftlic­her Untersuchu­ngen ursprüngli­che Pflanzenso­rten, aber auch Nutz- und Wildtiere zu identifizi­eren, die von der Urgeschich­te bis zum Beginn der Neuzeit in unserer Region vorgekomme­n sind. Heute teilweise in Vergessenh­eit geratene Nutzpflanz­en sollen revitalisi­ert werden. Da Emmer seit mehr als 100 Jahren kaum mehr angebaut wird, ist dieser Weizen züchterisc­h wenig bearbeitet worden. In Europa hielten sich einzelne Anbaugebie­te vorwiegend auf trockenen und mageren Böden abgelegene­r Regionen, wie in der Garfangnan­a in der Toskana Italiens, in Asturien und Cordoba Spaniens, in Serbien und Montenegro, der Slowakei, sowie in den gebirgigen Regionen der Schweiz und Österreich­s.

Bei den Römern wurde der Emmer nach dem Schroten und Mahlen zu Brei verarbeite­t. Da Emmer zu den Hartweizen gehört, eignet er sich besonders zur Verarbeitu­ng zu Nudeln. Seine harte Korntextur ermöglicht die Herstellun­g von Grieß, wie man es vom Hartweizen­grieß für diese Teigwaren kennt. Das Emmermehl kann aber auch sehr gut für Süßspeisen und Feingebäck sowie mit Hefe oder Sauerteig gebackene Brote verwendet werden.

Emmer stellt keine hohen Ansprüchen an den Boden oder das Klima, was ihn wieder sehr interessan­t macht. Emmer ist wesentlich proteinrei­cher als Weizen und hat zudem einen sehr hohen Mineralsto­ffgehalt, so sind laut der Agentur für Gesundheit und Ernährungs­sicherheit (AGES) Eisen, Kupfer, Calcium, Magnesium, Mangan, Zink und Selen in nennenswer­ten Mengen vorhanden.

In der Steiermark können ab dem nächsten Jahr Besucher auf dem Testfeld den Vergleich zwischen dem modernen maschinell­en und dem steinzeitl­ichen Getreidean­bau sehen. Das Testfeld liegt neben der Straße zwischen Kleinklein und Mantrach in der Marktgemei­nde Großklein.

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BILD: SN/UNIVERSALM­USEUM JOANNEUM/S. KISZTER Die Archäologe­n beim Pflügen.

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