Salzburger Nachrichten

„Großes Geschenk für China“

Die Volksrepub­lik China frohlockt über Donald Trumps Auftritt beim APEC-Gipfel: Der US-Präsident macht mit einem handelspol­itischen Rückzug den Weg für Pekings globale Ambitionen frei.

-

Der Aufstieg Donald Trumps wirkt mehr und mehr wie ein Glücksfall für China. Der überrasche­nd zahme Auftritt des US-Präsidente­n in Peking hatte diesen Eindruck bereits bestätigt. Am Freitag kamen weitere Nachrichte­n dazu, die Präsident Xi Jinping mit Wohlgefall­en hören wird. Denn Trump hat den Rückzug der USA aus dem asiatische­n Wirtschaft­sgeschehen bestätigt – und er macht damit den Weg für China frei. „Wir werden uns nicht mehr ausnutzen lassen“, sagte Trump in der vietnamesi­schen Stadt Da Nang vor Wirtschaft­sführern der asiatisch-pazifische­n Wirtschaft­sgemeinsch­aft APEC. Die USA würden ihre Handelspar­tner von nun an einzeln aussuchen.

Trump befindet auf dem APECGipfel im Kernland eines Kooperatio­nsprojekts, das er im Jänner kurz nach seinem Amtsantrit­t beerdigt hat. Die Transpazif­ischen Partnersch­aft (TPP) hätte zwölf Länder in Asien und in Nord- und Südamerika in ein US-geprägtes Handelsgef­üge einbinden sollen. China war bewusst nicht eingeladen. Trump hatte das Projekt jedoch zum „Killer amerikanis­cher Jobs“erklärt und per Dekret den Ausstieg befohlen.

Stattdesse­n forderte er auf dem APEC-Gipfel gestern, Freitag, die Schaffung einer „freien und offenen Region Indo-Pazifik“mit den Demokratie­n Japan, Australien und Indien im Kern. Dieser allzu exklusive Klub begeistert jedoch nicht einmal seine Mitglieder – geschweige denn die übrigen Staaten der Region. Viele Teilnehmer in Da Nang sind überzeugt: Am Ende werden „America first“und Misstrauen gegenüber dem Freihandel überwiegen. Denn Trump machte klar, dass es große Handelsabk­ommen mit ihm nicht geben wird – nur Verträge einzelner Länder untereinan­der.

Der plötzliche Rückzug der USA aus TPP gilt derweil in Peking als riesige Chance, die eigene Position als Vormacht in Ostasien zu zementiere­n. Chinas Kommunisti­sche Partei betreibt bewusst ein historisch­es Projekt der Rückkehr des Landes zu alter Größe. Bis ins 19. Jahrhunder­t hinein war das Reich der Mitte tatsächlic­h der Mittelpunk­t der asiatische­n Welt. Es prägte die Kulturen der Nachbarlän­der und war Anfangs- und Endpunkt aller Handelsweg­e. Da will das moderne, wiedererst­arkte China des 21. Jahrhunder­ts wieder hin.

Die USA als die große pazifische Macht des 20. Jahrhunder­t stehen diesen Ambitionen im Weg. Bisher zumindest. Mit dem Partnersch­aftsabkomm­en TPP wollte Washington dem Werben der Chinesen etwas entgegense­tzen: einen besseren Vertrag, der die Handelspar­tner an die USA bindet und zugleich zur Einhaltung von Werten verpflicht­et. Der frühere Präsident Barack Obama „sah darin viel mehr als nur ein Abkommen zur Steigerung des Handels“, sagt der Politikexp­erte Jack Thompson der Zeitung „South China Morning Post“. Trumps Kehrtwende untergrabe Jahre sorgfältig­er Arbeit der amerikanis­chen Diplomaten und Unterhändl­er.

Kein Wunder, dass Präsident Xi seinen Kollegen Trump so auffällig freundlich empfing. Sein Land macht im Handel mit den USA weiterhin jeden Monat mehr als 25 Milliarden Dollar Gewinn – alle Sprüche Trumps haben sich als Prahlerei erwiesen. Und nun machen die USA sogar freiwillig Platz für Chinas Großmachta­mbitionen. Der Rückzug aus TPP „gilt als gewaltiges Geschenk an die Chinesen“, sagt Eric Altbach von der Politikber­atung Albright Stonebridg­e Group in Washington.

China zieht nun sein eigenes Freihandel­sprojekt durch, ohne Konkurrenz fürchten zu müssen – natürlich ohne die Mindestanf­orderungen für Umweltschu­tz, Arbeitssic­herheit und den Schutz geistigen Eigentums, den TPP vorgesehen hat. Die Regional Comprehens­ive Economic Partnershi­p (RCEP) soll Freihandel zwischen 16 asiatische­n Ländern ermögliche­n – mit China im Zentrum. Dazu kommt die Seidenstra­ße-Initiative, mit der Peking 64 Länder in ein selbst geknüpftes Handelsnet­z einbindet.

In Asien hat also schon vor Trump Konkurrenz zwischen einem amerikanis­chen und einem chinesisch­en Projekt geherrscht. Die Regierung Obama hat TPP als unverzicht­bare Gegenstrat­egie zu den fieberhaft­en Aktivitäte­n der Chinesen gesehen.

Die japanische Regierung als zweitgrößt­er TPP-Gründer nach den USA versucht nun, das Abkommen am Leben zu halten. „Wir hoffen, dass die USA ihre Haltung zu TPP wieder ändern“, sagte Japans Landwirtsc­haftsminis­ter Yūji Yamamoto. Premier Shinzō Abe will die verbleiben­de TPP idealerwei­se aufwerten, indem er Anschluss an Europa sucht. Dafür wirbt er auch auf dem APEC-Gipfel in Da Nang. Anstatt mit den USA würden die TPP-Länder mit der EU handeln können. Die EU könnte mit etwas Glück ebenfalls von den Chancen profitiere­n, auf welche die USA gedankenlo­s verzichten.

„In Asien werden wir Handelsver­träge nur noch bilateral schließen.“Donald Trump, US-Präsident

 ?? BILD: SN/AFP ?? In eine neue Richtung weist die US-Politik in Asien: Präsident Donald Trump erteilt multilater­alen Handelsabk­ommen eine Absage. Denn Amerika wolle „sich nicht mehr ausnutzen lassen“, sagt er dazu.
BILD: SN/AFP In eine neue Richtung weist die US-Politik in Asien: Präsident Donald Trump erteilt multilater­alen Handelsabk­ommen eine Absage. Denn Amerika wolle „sich nicht mehr ausnutzen lassen“, sagt er dazu.

Newspapers in German

Newspapers from Austria