Lichte Momente in Tirol
„Tirol isch lei oans!“, heißt es. Aber klaffen da nicht Widersprüche zwischen Sein & Wollen?
INNSBRUCK. Traum und Wirklichkeit. Realität und touristische Masche: Fotograf Lois Hechenblaikner stellt sie gegenüber. In einer Kunstaktion im öffentlichen Raum.
Eine entscheidende Frage ist (noch) offen. Nämlich, ob Tiroler und Gäste neuerdings an den Bushaltestellen der Innsbrucker Verkehrsbetriebe wieder mehr miteinander reden. Oder ob weiter konzentriert auf Mobiltelefone gestarrt wird. Für Gesprächsstoff reicht sie ja allemal, die aktuelle Kunstaktion des Tiroler Lichtbildners Lois Hechenblaikner, die von der Kulturabteilung des Landes gefördert wird.
Als Spielfläche benützt werden 150 City Lights, also illuminierte Werbeflächen. Sechs Wochen lang sind darauf Sujets von fünf Hechenblaikner-Bildern zu sehen. Unterlegt mit Texten, wie die Tirol Werbung das Land sieht.
Hechenblaikner wurde vor allem durch Gegenüberstellungen alter Schwarz-Weiß-Aufnahmen mit aktuellen Entsprechungen einer durch touristische Eingriffe stark veränderten Landschaft bekannt.
Diesmal kombiniert er Texte aus dem Markenhandbuch „Marke.Tirol.Buch“der Tirol Werbung mit fotografischen Wahrnehmungen der Realität in seiner Heimat Tirol. Die Begriffe „stark, eigenwillig, echt, verbunden, mutig“setzt er in einen Wort-Bild-Dialog, der so ganz und gar nicht im Sinne der Tourismuswerber ist. Diese genannten Begriffe im Markenbuch definiert die Tirol-Werbung als „Werte der Marke Tirol“und gibt dogmatisch für Tourismusverbände und praktizierende Touristiker vor, wie sie ihr eigenes Land sehen und welche Vorstellungen an potenzielle Gäste mittels Werbung vermitteln sollten.
Der Begriff „Eigenwillig“– ist im Markenbuch so umschreiben: „Eigenwillig im guten Sinn, tiefen Wortsinne ist Tirol. Sind sie, die Tiroler. Der Mut zum eigenen Willen. Möglichst unabhängig nach außen. Zur Sicherung der eigenen Besonderheit. Manch einer versteht unter eigenwillig stur, mit dem Kopf durch die Wand, vielleicht auch ein bisschen sonderbar. Aber nicht abstoßend, sondern durch die Eigenwilligkeit eher anziehend. Liebenswürdig. Auf angenehme Art und Weise respektlos. Frech, forsch. Aber immer charmant. Eigenwillig heißt aber auch, sich im Verhalten und Gestalten vom eigenen Willen leiten zu lassen.“Dem steht das oben zu sehende HechenblaiknerFoto gegenüber. Es verrate das ,eigenwillige‘ Treiben beim Wintersport in den Spuren an der Plastikpalme auf der Idalp in Ischgl.
Hechenblaikner sicherte sich durch ein Rechtsgutachten ab, weil Einwände auftauchten, die Texte im Markenhandbuch stünden möglicherweise im Sinne des Copyrights unter einer Form von Artenschutz.
Hechenblaikner kritisierte wiederholt die „rosarote und himmelblaue Welt“, die der Tourismus in seiner Webung zeichne. Sie stehe im harten Kontrast zur Realität.
Die sieht unter anderem so aus, dass etwa Umweltanwalt Johannes Kostenzer den „enormen Flächenverbrauch“in Tirol anprangert.
2015/16 seien 700 Fußballfelder jährlich neu verbaut worden. Und im Sinne einer neuen Skigebietserschließung solle in der Gemeinde See im Paznaun sogar ein Berggrat abgetragen werden.
„Was sind wir, und was stellen wir dar?“