Die Kugel rollt für Neue Musik
Das oenm startet am Samstag einen neuen Konzertzyklus im Solitär.
Ein Roulettetisch auf der Konzertbühne? Der Komponist Alexander Moosbrugger versteht es, Aufmerksamkeit zu erregen. „Ich mag das Geräusch der rollenden Kugel gern“, sagt der gebürtige Vorarlberger. Über sein Gesamtkonzept gibt sich Moosbrugger jedoch bedeckt. Nur so viel: Die Rolle des Glücksspiels in seinem neuen Stück „Schlechte Stimmung“hat viel mit Ton-Intervallen zu tun.
Moosbrugger bezieht immer wieder außermusikalische Einflüsse in seine Werke ein – etwa das legendäre Schach-Duell zwischen Bobby Fischer und Boris Spasski. „Die Schachzüge kann man gut in Tonhöhenverhältnisse umsetzen“, sagt der 45-Jährige. Ein origineller Zugang jedenfalls, mit dem das Oesterreichische Ensemble für Neue Musik (oenm) am Samstag seinen ersten großen Zyklus im Solitär der Universität Mozarteums startet.
„Das Event ist uns fremd“, sagt oenm-Leiter Peter Sigl. „Wir haben den neuen Zyklus ins Leben gerufen, um Inhalte zu vermitteln. Die rücken bei vielen Veranstaltern oft in den Hintergrund.“Das hat Sigl selbst bei einem Neue-Musik-Festival in der Elbphilharmonie in Hamburg erlebt, als das Publikum mit den ungewohnten Klängen auf sich allein gestellt war. „Da verließen viele dann während des Stücks den Saal. Die Leute kaufen sich Karten, und wissen nicht wofür.“
Das oenm wählt einen anderen Weg. Das Stammpublikum habe man sich mit Atelierkonzerten im Künstlerhaus erarbeitet: Höchstens 25 Zuschauer, eine Stunde Konzertdauer, ein Gläschen Wein. „Man muss die Leute zu dieser Musik schon hinführen“, sagt Sigl.
1975 wurde das oenm in Salzburg von Klaus Ager gegründet. Lange Zeit blieb das Repertoire auf Werke von Salzburger Komponisten beschränkt. Als Herbert Grassl 1988 die Leitung übernahm, öffnete er die Formation für jede Art von zeitgenössischer Musik. „Damals ist eine Gemeinschaft von Komponisten zu einem echten Ensemble geworden. Gerade Neue Musik kann man nur dann gut interpretieren, wenn man sich kennt“, erläutert Sigl.
Der Cellist kam selbst vor rund 20 Jahren zum oenm. „In Salzburg war damals in Sachen Neue Musik nicht viel los.“Das hat sich geändert: Das oenm gastierte heuer bei den Salzburger Festspielen, den Osterfestspielen und der Mozartwoche. Auch die Bregenzer Festspiele, „Wien Modern“oder die Klangspuren Schwaz greifen auf die erfahrene Formation zurück.
Werke lebender Künstler zu erarbeiten reizt Sigl nach wie vor: „Man kann die Komponisten einfach anrufen, wenn man etwas nicht versteht.“Das ist im Fall des aktuellen Konzerts nicht nötig: Sowohl der Salzburger Komponist Hossam Mahmoud, der ein neues Werk beisteuert, als auch Alexander Moosbrugger wohnen den Proben bei. Tonsetzer und Musiker erarbeiten Konzerte gemeinsam – ein zentrales Element der neuen Reihe.
„Man muss die Leute zu Neuer Musik schon hinführen.“
Konzertzyklus: