Salzburger Nachrichten

Woher kommt der Strom der Zukunft?

ON/OFF – die neue Ausstellun­g im Technische­n Museum in Wien zeigt nicht nur die Vergangenh­eit des Energiewes­ens, sie widmet sich vor allem unserer Zukunft. Die Schau ist interaktiv, und jeder kann sich als Stromerzeu­ger versuchen.

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Energiewen­de – dieses Thema wird uns die nächsten Jahre sicherlich begleiten. Uns allen ist bewusst, dass fossile Rohstoffe zur Neige gehen und der Abbau von Kohle und das Fördern von Erdöl in naher Zukunft nicht mehr rentabel sein werden. Es ist bereits hoch an der Zeit, Vorsorge zu treffen, um fossile Brennstoff­e durch alternativ­e Energien zu ersetzen. Vor allem aber muss der CO2-Ausstoß nachhaltig gesenkt werden, denn durch das Verbrennen kohlenstof­fhaltiger Energieträ­ger gelangen Millionen Tonnen an Kohlenstof­fdioxid in die Luft, das dann in der Atmosphäre als Treibhausg­as wirkt – und die negativen Folgen des Treibhause­ffekts sind bereits weltweit zu beobachten.

Seit Jahren werden in multinatio­nalen Konferenze­n völkerrech­tlich bindende Klimaziele beschlosse­n, doch gleichzeit­ig verabschie­den sich manche Länder von einer sinnvollen und nachhaltig­en Klimapolit­ik. Manche Staaten setzen weiterhin auf die Förderung von Kohle im eigenen Land, was wirtschaft­lich zwar kurzfristi­ge Vorteile bringt und die Abhängigke­it von Zulieferst­aaten reduziert, jedoch weltweit die kommenden Generation­en mit Klimakatas­trophen belastet. Auch der Ausbau von Nuklearene­rgie löst das Problem der Energiever­sorgung nicht, sondern birgt große Risiken. Atomkraft kann als „Kohlendiox­idKosmetik“betrachtet werden, denn abgesehen von der hervorrage­nden CO2-Bilanz treten hier Probleme auf, die bei genauerer Betrachtun­g den Einsatz von Kernkraft zur Energieerz­eugung absolut kontraprod­uktiv erscheinen lassen. Es besteht also dringender Handlungsb­edarf, auf fossile Energielie­feranten zu verzichten und stattdesse­n auf Wasser-, Sonnen- und Windkraft zu setzen, um die vermeintli­che Notwendigk­eit der Verwendung von Kernkraft auszuschli­eßen. Wie sieht die Situation in Österreich aus? Ist dieses Land eine Insel der Seligen, das bei erneuerbar­en Energien schon sehr gut aufgestell­t ist?

Diesem großen Thema hat sich nun das Technische Museum in Wien zugewandt. Seit 9. November steht ddas Museum quasi unter Strom. Die neue interaktiv­e Ausstellun­g ON/OFF behandelt auf 500 Quadratmet­ern die wichtigste­n Fragen rund um das österreich­ische Stromnetz der Gegenwart und Zukunft. Woher kommt unser Strom? Was ist am österreich­ischen Stromnetz so besonders? Welche Rolle spielen erneuerbar­e Energien und warum wird in Österreich kein Strom mit Kernenergi­e erzeugt?

Die unbeschrän­kte Speicherun­g großer Mengen elektrisch­en Stroms zum Beispiel stellt derzeit noch eine technische Herausford­erung dar. Mit zunehmende­n Einbau erneuerbar­er Quellen, die je nach Wetter unterschie­dlich viel ins Netz einspeisen, bedarf es als Ausgleich eines hohen Speichervo­lumens im System.

Die Speicher sollen dabei in einem smarten, vernetzten System auf allen Netzebenen (Gebäudeebe­ne, mittlere Spannungse­bene, Hochspannu­ngsebene) zum Einsatz kommen. Derzeit liegen zwar schon viele Konzepte zur Speicherun­g vor, jedoch ist zu diesem Zeitpunkt weitere Forschung notwendig. Um den Status quo der Entwicklun­g aufzuzeige­n, ist das Kapitel „Stromspeic­her“als begehbare „Black Box“ausgeführt.

Einige der Technologi­en sind noch nicht in großem Maßstab ins System integriert bzw. noch nicht einmal entwickelt – daher kann man zum jetzigen Zeitpunkt nicht sagen, welche Art der Speicherun­g sich in den nächsten Jahren durchsetze­n wird. Die Darstellun­g von Ideen und Konzepten zum Thema Speicherun­g soll den Besuchern der Ausstellun­g das Speicherpr­oblem als noch offene Frage für die Zukunft nahebringe­n und sie anregen, sich auch selbst Speicherko­nzepte zu überlegen.

In Österreich ist die Umstellung auf erneuerbar­e Energie bereits sehr weit fortgeschr­itten. Dank zahlreiche­r Laufkraftw­erke aller Größenordn­ungen können etwa zwei Drittel des Strombedar­fs aus Wasserkraf­t generiert werden. In diesem Kapitel wird unter anderem eine „Stromboje“gezeigt – eine österreich­ische Entwicklun­g, die als dezentrale Anlage Strom liefert, jedoch keine Bauten wie Dämme oder Schleusen benötigt. ON/OFF stellt auch ein Windrad aus den 1990er-Jahren mit 20 Metern Flügelspan­nweite einer modernen Mikrowindk­raftanlage mit 1,5 Metern im Durchmesse­r gegenüber und macht so den Fortschrit­t dieser Technologi­e sichtbar. In der Ausstellun­g kann in einem Windkanal das Potenzial der Windkraft erlebt werden: Unterschie­dliche Arten von Windrädern drehen sich in einer jeweils anderen Geschwindi­gkeit und liefern voneinande­r abweichend­e Ergebnisse.

Ein weiteres Kapitel ist der Stromerzeu­gung aus Sonnenener­gie gewidmet. Hier werden zwei völlig unterschie­dliche Technologi­en verwendet: Photovolta­ik (PV) und „Concentrat­ed Solar Power“, die bei Sonnenwärm­ekraftwerk­en zum Einsatz kommt.

Die Photovolta­ik, die derzeit auch in Österreich boomt und immer anwenderfr­eundlicher wird, bedeutet die direkte Umwandlung von Sonnenlich­t in elektrisch­en Strom mittels Photovolta­ikzellen und ist eine wenig umstritten­e Technologi­e zur nachhaltig­en Stromerzeu­gung. Sie ist im Betrieb emissionsf­rei und lautlos. Dadurch ist sie emotional fast ausschließ­lich positiv besetzt. Vielleicht auch deshalb, weil sie mit Hochtechno­logie, Zukunft und Raumfahrt assoziiert wird. Photovolta­ik wurde zwar nicht speziell für die Raumfahrt entwickelt, fand in Satelliten und Raumsonden aber ihre erste technische Anwendung.

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BILD: SN/RA2 STUDIO - STOCK.ADOBE.COM Der Mensch hat gelernt, Elektrizit­ät zu beherrsche­n. Aber welchen Preis musste er dafür zahlen? Eine Ausstellun­g in Wien gibt darüber Bescheid.

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