Salzburger Nachrichten

Laternenfe­st auf Kölnisch

- Richard Wiens

ICHbin in Köln geboren. Ich bin aber trotz dieser Laune des Schicksals keine rheinische Frohnatur. Köln ist ja bekanntlic­h eine Hochburg des närrischen Treibens, das in Deutschlan­d mit dem heutigen 11. November einsetzt und sich bis zum Faschingsd­ienstag ins schier Unerträgli­che steigert. Ich hatte Glück, ich verließ die Stadt bereits im Alter von eineinhalb Jahren, mich konnte das Virus des Karnevals gar nicht infizieren.

Gut, im Kindergart­en und in der Volksschul­e habe ich das Pflichtpro­gramm absolviert, unter kräftiger Mithilfe meiner Mutter, die sich viel Arbeit machte, Kostüme nähte und Accessoire­s bastelte. Einen Umhang für den Zauberer, der ich lange vor Harry Potter war, oder die Utensilien für Cowboy und Indianer, die Klassiker der späten 60er-Jahre.

Es folgte noch das eine oder andere Schulgschn­as, aber so richtig wollte sich die Liebe zum Verkleiden nie einstellen. Das hat sich auf meine Söhne übertragen, die haben den Fasching auch abgehakt. Wenn die etwas von Faschingsk­ostümen oder vom Maskieren hören, nehmen sie Reißaus. Mit dem 11. November verbinden sie und ich nicht den Beginn des Faschings, sondern das Martinsfes­t.

„Ich geh mit meiner Laterne und meine Laterne mit mir. Da oben leuchten die Sterne, da unten leuchten wir.“Diese Zeilen fallen mir ein, wenn sich der 11. November jährt. Ich denke gerne an die Zeit zurück, als wir im Kindergart­en die Laternen für den Umzug gebastelt haben. Und ich habe lebhaft in Erinnerung, wie wir mit unseren beiden Söhnen durch die Straßen rund um ihren Kindergart­en und ihre Volksschul­e gezogen sind.

Wenn die Laternen mit den darin angezündet­en Kerzen an den dünnen Holzstäbch­en baumelten und die Kinderstim­men erklangen, wärmte das auch die Seele. Die Liebe zum flackernde­n Kerzenlich­t ist meinen Söhnen geblieben. Kerzen gehörten in großer Zahl zur Grundausst­attung, als sie im Vorjahr in ihre Wohnungen übersiedel­ten.

Kerzen, Laternen – hier schließt sich der Kreis zur Rheinmetro­pole Köln. Ihr Fußballclu­b, der 1. FC, von einem Wiener trainiert, trägt die rote Laterne in der Bundesliga. Stellen sich nicht bald Siege ein, werden die Fans im Kölner Dom ein paar Kerzen anzünden und um den Klassenerh­alt beten müssen. Den Frohsinn der Kölner könnte aber selbst der Umzug in die zweite Liga nicht trüben – sie lassen über Köln nichts kommen: „Kölle Alaaf.“Narren haben’s gut.

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