Neue Regeln beim Erben
Seit 1. Jänner gilt ein neues Erbrecht. Viele Regeln wurden verständlicher, manches wurde stark verändert.
Seit bald einem Jahr besteht in Österreich ein neues Erbrecht. „Zuerst einmal wurde die Sprache angepasst, das sorgt für eine bessere Verständlichkeit“, sagt Notar Philip Ranft, Sprecher der Notariatskammer Salzburg. Laut einer Umfrage verfügt nur ein Drittel der Österreicher über ein Testament. Sie kann Ranft gleich beruhigen: „Bestehende Testamente bleiben aufrecht. Es hat sich vor allem beim Thema Pflichtteilrecht aber einiges geändert.“So haben zum Beispiel die Eltern kein Anrecht auf einen Pflichtteil. Bisher war das bei Kinderlosigkeit des Verstorbenen schon der Fall.
Für Lebenspartner gibt es eine kleine Verbesserung. Zwar sind sie in der gesetzlichen Erbfolge weiterhin ganz hinten zu finden, mit einem Testament können aber andere Erben ausgeschlossen werden.
Apropos ausgeschlossen: Auch beim „Enterben“gibt es neue Regelungen. Allerdings: So wie man das aus Filmen kennt, war die Rechtslage in Österreich nie, und ist sie auch jetzt nicht. Einen Ausschluss des Erbrechts gibt es nun, wenn dem Verstorbenen schweres seelisches Leid zugefügt wurde. „Was man darunter genau versteht, ist aber noch nicht klar“, sagt Ranft: „Da braucht es noch gerichtliche Klärung.“Vom Erbteil ausgeschlossen werden kann auch jemand, der den Verstorbenen zu Lebzeiten etwa mit einer Waffe bedroht hat. Neu ist auch, dass man sein Erbe verliert, wenn man sich gegen den Nachlass schuldig gemacht hat. Ranft: „Das betrifft zum Beispiel das Sparbuch der Großmutter, das im Zuge des Nachlassverfahrens nicht angegeben wird.“Fliegt diese Lüge auf, wird man „erbunwürdig“und verliert alle Ansprüche. Ranft ist froh über diese gravierende Änderung: „Dann hört endlich das Verheimlichen von Vermögen im Verlassenschaftsverfahren auf. Jetzt ist jeder gut beraten, wenn er alle Werte angibt.“Durch das neue Kontoregister, auf das in Salzburg auch die Notare im Verlassenschaftsverfahren Zugriff haben sollen, sind eventuell vorhandene Konten oder Sparbücher übrigens relativ leicht herauszufinden.
Auch die Möglichkeit der Minderung des Pflichtteils wurde erweitert. Das gab es bisher bei Kindern, die beispielsweise nach einem Seitensprung geboren wurden, aber nie Kontakt zum Vater hatten. Jetzt ist es so, dass der Pflichtteil auch dann halbiert werden kann, wenn es in den vergangenen 20 Jahren vor dem Tod keinerlei Kontakt gab, etwa nach Familienstreitigkeiten. Ranft: „Allerdings: Man darf den Kontakt nicht grundlos verweigern.“Wenn ein Kind also den Kontakt sucht, aber dieses Angebot nicht angenommen wird, kann der Pflichtteil nicht halbiert werden. „In diesem Fall ist es hilfreich, die Kontaktversuche zu dokumentieren“, rät Ranft.
Wichtig ist auch: Sowohl die Enterbung als auch die Halbierung des Pflichtteils müssen zu Lebzeiten in einem Testament verfügt werden, von selbst tritt es nicht in Kraft.
Neu ist auch, dass Angehörige, die den Verstorbenen lange und intensiv gepflegt haben, einen Anspruch auf Abgeltung dieser Leistung in Form des Pflegevermächtnisses haben.
Für Ranft sind auch die neuen Regelungen ein Anlass mehr, den Menschen die Erstellung eines Testaments dringend ans Herz zu legen. Denn damit kann man die gesetzliche Erbfolge im eigenen Interesse verändern. Österreichweit sind mehr als 500 Notarinnen und Notare tätig. Eine erste Rechtsauskunft ist kostenlos und unverbindlich. WWW.NOTARIATSKAMMER.AT