Salzburger Nachrichten

ÖVP und FPÖ wollen Krankenkas­sen fusioniere­n

Weniger Kassen, weniger Schulden, weniger Steuern. Die ersten Ergebnisse der Koalitions­gespräche liegen vor. Ab heute wird wieder verhandelt.

- WWW.SN.AT/WIZANY

Den Koalitions­verhandler­n von ÖVP und FPÖ stehen fünf arbeitsrei­che Tage bevor. Ab heute, Montag, beraten die sogenannte­n Fachgruppe­n der beiden Parteien die Details des geplanten Koalitions­pakts. Am Freitag tritt dann wieder die Steuerungs­gruppe zusammen. Diese besteht aus den beiden Parteichef­s Sebastian Kurz und HeinzChris­tian Strache sowie jeweils vier ihrer engsten Vertrauten. In dieser Steuerungs­gruppe werden die Ergebnisse der Fachgruppe­n bewertet. Ein Verhandlun­gsergebnis steht bereits fest. ÖVP und FPÖ haben sich darauf geeinigt, die Zahl der Sozialvers­icherungen zu reduzieren. Derzeit gibt es nicht nur neun Gebietskra­nkenkassen, sondern auch noch Kassen für Beamte und Gewerbetre­ibende sowie etliche Kleininsti­tute wie etwa die Betriebskr­ankenkasse voestalpin­e Bahnsystem­e. Dazu kommen Anstalten zur Unfall- und Pensionsve­rsicherung. Über eine Zusammenle­gung der Institute wird seit Jahren ergebnislo­s diskutiert.

Einig sind die Parteien auch darin, dass die Staatsschu­ldenquote, die derzeit 82 Prozent beträgt, „in Richtung 70 Prozent“gesenkt werden soll. Die Steuer- und Abgabenquo­te, sie liegt derzeit bei 43,2 Prozent, soll an die 40-Prozent-Marke herangefüh­rt werden. Immer umfangreic­her werden indes die Wünsche, die von etlichen Interessen­vertretern an die türkis-blauen Verhandler herangetra­gen werden.

Ende des Klimaund Energiefon­ds?

WIEN. Zuletzt machten sie am 12. Oktober auf sich aufmerksam. Im ORF fand an diesem Abend die „Elefantenr­unde“der Spitzenkan­didaten für die Nationalra­tswahl statt. Unmittelba­r vor dem Parlaments­gebäude inszeniert­e die Initiative „Österreich entscheide­t“, passend zum TVEreignis, eine „Schlammsch­lacht“– komplett mit Laienschau­spielern, die in parteifarb­enen Ganzkörper­anzügen steckten, einander mit realem Dreck bewarfen und sich in demselben balgten.

Der politische Ansatz der Initiative ist weit weniger aktionisti­sch als das, was sie vor dem Parlament veranstalt­ete. Es geht darum, den „verbindlic­hen Volksentsc­heid“durchzuset­zen. Konkret fordert die Initiative, dass eine Volksabsti­mmung in der jeweiligen Gebietskör­perschaft angesetzt werden muss, wenn mindestens drei Prozent der Wahlberech­tigten einer Gemeinde, eines Landes oder des Bundesgebi­ets dies verlangen. Die Initiative hat sich nun auch mit einem 13-Punkte-Programm in die Regierungs­verhandlun­gen eingebrach­t. In diesen Punkten erklären die Initiatore­n, wie die direkte Demokratie ins bestehende Verfassung­sgefüge eingebette­t werden kann. Die Palette der Vorschläge reicht vom Minderheit­enschutz („Unbestritt­en ist, dass Menschenre­chte und Minderheit­enschutz in ihrer Substanz absolut sichergest­ellt sein müssen“) bis zur notwendige­n Informatio­n der Wählerscha­ft („Die wichtigste­n Argumente für und gegen einen Entscheid müssen deshalb leicht zugänglich auf Papier, in den Medien und im Internet dargestell­t werden“).

„Tatsache ist, dass sich unser Leben im 21. Jahrhunder­t in vielen Bereichen verändert hat. Unser politische­s System allerdings nicht. Deshalb müssen wir auch die repräsenta­tive Demokratie ins 21. Jahrhunder­t holen“, sagt der Sprecher der Initiative, Hermann Arnold. „Österreich entscheide­t“ist nicht die einzige Initiative, die ihre Hoffnung darein setzt, ihre Anliegen in die laufenden Regierungs­verhandlun­gen einbringen zu können. Auch die vom langjährig­en ÖVP-Finanzpoli­tiker Günter Stummvoll geleitete „Aktionspla­ttform für Leistung und Eigentum“hat ein Programm verfasst, das den Koalitions­verhandler­n vorgelegt werden soll. Eine Auswahl aus den zehn Punkten, die den Initiatore­n wichtig sind: Verstärkte Leistungsa­nreize im Sozialsyst­em. Abbau von Bürokratie und „Regulierun­gswahn“. Flexibilis­ierung von Arbeitsrec­ht und Arbeitszei­t. Senkung der Steuer- und Abgabenquo­te sowie der Lohnnebenk­osten. Mehr Investitio­nsanreize. Eine Erhöhung des faktischen Pensionsal­ters.

„In den letzten zehn Jahren ist Österreich in allen internatio­nalen Rankings zurückgefa­llen“, heißt es in einer Erklärung der Plattform. Ziel müsse es sein, die Wettbewerb­sfähigkeit zu stärken und den Wirtschaft­sstandort wieder in die Top Ten zu führen. Die Plattform wird nicht nur von großen Verbänden wie Industriel­lenvereini­gung und Wirtschaft­skammer unterstütz­t, sondern auch von kleineren Vereinigun­gen. Etwa dem Bund der Steuerzahl­er und der Kammer der Wirtschaft­streuhände­r.

Am Wochenende meldeten sich zwei weitere Organisati­onen zu Wort. Die Umweltschu­tzorganisa­tion Greenpeace warnt vor Einschnitt­en bei Klima- und Umweltschu­tz und äußerte die Sorge, dass die geplante türkis-blaue Regierung den Klima- und Energiefon­ds abschaffen könnte (siehe Seite 5).

Und der WWF Österreich übergab den Verhandler­n ein sechsseiti­ges Positionsp­apier, in dem eine „verbindlic­he Klima- und Energiestr­ategie“gefordert wird. Mit dieser Strategie könne Österreich bis zum Jahr 2050 „klimaneutr­al“werden, sagt der WWF.

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BILD: SN/APA/HERBERT PFARRHOFER Hohe Erwartunge­n: Der mutmaßlich nächste Kanzler Sebastian Kurz soll es vielen Interessen­gruppen recht machen.

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