Es ist eine Flucht vor Hitze und Hunger
Der Klimawandel kann hoffentlich halbwegs eingebremst werden. Andernfalls werden sich in naher Zukunft Menschenmassen in Bewegung setzen, die alle bisherigen Flüchtlingsströme bei Weitem in den Schatten stellen.
In den vergangenen 25 Jahren hat sich die Welt verändert. Und davon ist auch die menschliche Entwicklung betroffen. Neue Länder sind entstanden, und auf unserem Planeten leben heute mehr als sieben Milliarden Menschen, von denen ein Viertel jung ist.
Auch das geopolitische Szenario hat sich verändert: Die Entwicklungsländer sind zu einer wichtigen Wirtschaftskraft mit großem politischen Gewicht aufgestiegen. Die Globalisierung hat Menschen, Märkte und Arbeit integriert, und die digitale Revolution ist dabei, das Leben der Menschen zu verändern.
Das ist die positive Seite der Entwicklung der Menschheit, wie sie zuletzt in einem Bericht der Vereinten Nationen 2016 geschildert wurde. Jetzt hat das UN-Flüchtlingswerk mit neuen Zahlen aufhorchen lassen, die vor allem die reichen Länder vor massive Herausforderungen stellen werden.
Nicht unsere Kinder und Enkel werden davon betroffen sein, sondern schon die aktuellen Generationen, die derzeit in Bonn auf der Klimakonferenz darüber beraten, wie man den rasanten Treibhauseffekt auf diesem Planeten bremsen kann.
Denn Millionen Menschen fliehen schon jetzt jedes Jahr vor Naturkatastrophen, von denen viele durch den Klimawandel verstärkt werden. UN-Experten nannten bei der Weltklimakonferenz in Bonn eine geschätzte Zahl von mehr als 20 Millionen Klimaflüchtlingen jährlich.
Allerdings ist es äußerst schwierig, genaue Angaben zu machen. Das sagte Madeline Garlock vom UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR. Die Berechnungen basierten häufig auf der Kombination einer Vielzahl an Gründen, die Menschen dazu brächten, ihre Heimat zu verlassen, betonte sie. Oft spielten auch Verfolgung und Gewalt eine Rolle. Und die seien – mehr oder weniger – oft aktuelle Auswirkungen des Klimawandels. Eine Studie der Weltbank, die demnächst veröffentlicht wird, deutet darauf hin, dass sich die Zahl der Klimaflüchtlinge bis 2050 verzehnfachen wird. „Wir müssen uns dem stellen, die Dringlichkeit könnte nicht größer sein“, sagte Pradeep Kurukulasuriya, Klimaexperte vom Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen.
Klimaexperte Jan Kowalzig von der Hilfsorganisation Oxfam erklärte, dass Menschen in armen Ländern nach einer Studie seiner Organisation ein fünf Mal höheres Risiko haben, von extremen Wetterereignissen wie Überschwemmungen oder Dürren aus ihrer Heimat vertrieben zu werden als Bewohner wohlhabender Staaten.
Demnach mussten von 2008 bis 2016 im Schnitt pro Jahr 14 Millionen Menschen in ärmeren Ländern Schutz vor Unwettern, Stürmen und Überschwemmungen suchen. Das sind 0,42 Prozent der Bevölkerung. In reicheren Ländern waren dagegen nur knapp eine Million Menschen im Jahr betroffen – ein Anteil von 0,08 Prozent der Bevölkerung.
Die österreichische Allianz für Klimagerechtigkeit, eine Plattform von 25 Umwelt-, Sozial-, Entwicklungsund kirchlichen Organisationen, forderte in diesem Kontext mehr Einsatz der Bundesregierung bei Klimaschutz und bei der Unterstützung von Entwicklungsländern für die Anpassung an den Klimawandel.
Auch das österreichische Bündnis wies in einer Aussendung darauf hin, dass vor allem arme Menschen am stärksten von den Folgen der Erderwärmung betroffen sind. Das würden unzählige Beispiele aus Asien, Amerika und der Karibik vor Augen führen, hieß es.
Insbesondere Entwicklungsländer benötigen daher internationale Unterstützung, um sich vor den Klimawandel-Auswirkungen zu schützen und nachhaltige Entwicklungspfade einzuschlagen. „Die österreichische Bundesregierung muss sich international dafür einsetzen, dass die notwendigen finanziellen Mittel für Klimaschutz und Anpassungsmaßnahmen von den Hauptverursachern des Klimawandels bereitgestellt werden“, verlangte Martin Krenn, Sprecher der Allianz für Klimagerechtigkeit, von der nächsten österreichischen Regierung.