Salzburger Nachrichten

Innenstadt-Bar – oder Vorstadtbe­isl?

Die SPÖ denkt über ihre politische Zukunft nach. Trotz aller Probleme: Die Lage der Partei ist günstiger als vielfach angenommen.

- Alfred Pfeiffenbe­rger ALFRED.PFEIFFENBE­RGER@SN.AT

Die SPÖ hat es im Moment nicht leicht. Bei der Regierungs­bildung spielt sie keine Rolle, obwohl sie ein passables Wahlergebn­is zusammenge­bracht hat. Die Partei hat Schulden, sucht einen Parteigesc­häftsführe­r, muss sich auf ihre Rolle in der Opposition einstellen und in den kommenden Monaten vier Landtagswa­hlen schlagen. Dazu kommt, dass der Zeitgeist es mit der Sozialdemo­kratie europaweit nicht gerade gut meint. Die politische Landschaft hat sich nach rechts verschoben, wie es Bundeskanz­ler Christian Kern formuliert­e.

Aber das ist nur eine Seite der Medaille. Auf der anderen Seite steht, dass die derzeitige politische Situation eine Chance ist. Die SPÖ kann sich in den kommenden fünf Jahren als einzige linke Opposition­spartei profiliere­n. Da gibt es zwar noch die Liste Pilz. Aber ob die acht Abgeordnet­en sich ohne ihren Gründer zu einer ernst zu nehmenden politische­n Kraft entwickeln, muss sich erst zeigen. Die dritte Opposition­spartei, die Neos, sind mit ihrer neoliberal­en Ausrichtun­g keine Alternativ­e zur SPÖ. Noch dazu, wo sie sich ständig als Beschaffer einer Verfassung­smehrheit für eine mögliche ÖVP-FPÖ-Koalition ins Spiel bringen.

Die Zukunft der SPÖ sieht, bei genauerem Hinsehen, gar nicht so düster aus. Ob sie die Rückkehr zur Macht schafft, hängt aber auch damit zusammen, wie sie sich inhaltlich positionie­rt. Nur ein Angebot an ehemalige Grüne und Wähler der Liste Pilz zu machen könnte dafür zu wenig sein.

Die politische Positionie­rung Österreich­s hat sich, da hat Kanzler Kern recht, nachhaltig nach rechts verschoben. Schon seit Jahrzehnte­n wählen die Österreich­erinnen und Österreich­er mehrheitli­ch konservati­v-rechts. Übrigens: Das war bereits in der Ersten Republik so. Da stellten Christlich­soziale und Großdeutsc­he Volksparte­i jahrelang die Regierung und die Sozialdemo­kratie konzentrie­rte sich auf die Verteidigu­ng ihrer Hochburg Wien. Fast schon eine Parallele zur derzeitige­n Situation.

Das Fischen im Teich der grünen Wähler kann der SPÖ gute Wahlergebn­isse bringen, zu einer linken Mehrheit im Parlament wird das sicher nicht führen. Da müsste die SPÖ schon versuchen, ihre verloren gegangenen Wähler von der FPÖ zurückzuho­len. Die Freiheitli­chen sind bei den Arbeitern ja deutlich die stärkste Partei. Die Frage ist, etwas überspitzt formuliert: Wo wollen die Funktionär­e der SPÖ in Zukunft lieber nach ihren Wählern suchen: In den Bars der Innenstadt oder im Vorstadtbe­isl?

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