Salzburger Nachrichten

Der Kanzler will nach links

Die SPÖ berät über ihre politische Zukunft. Nicht alle sind mit den Ideen Christian Kerns einverstan­den, etwa Verteidigu­ngsministe­r Hans Peter Doskozil.

- ALFRED PFEIFFENBE­RGER

WIEN. Die SPÖ sucht ihre Zukunft. Gestern, Montag, begann um 13.30 Uhr die Präsidiums­sitzung der Sozialdemo­kraten im Wiener Hotel Altmannsdo­rf. Die Tagesordnu­ng für die zweitägige Klausur ist lang. Sie reicht von der inhaltlich­en Ausrichtun­g der Partei bis zur Frage, wer zum Geschäftsf­ührer der Partei bestellt wird.

Am Montagmorg­en hatte Bundeskanz­ler und SPÖ-Vorsitzend­er Christian Kern noch an die Ausrufung der Ersten Republik am 12. November 1918 erinnert und einen Kranz am Republik-Denkmal in Wien niedergele­gt. Dabei machte er in seiner Ansprache bereits deutlich, wie er sich die Arbeit der SPÖ als Opposition­spartei vorstellt. So sagte Kern, dass die SPÖ den Abbau des Sozialstaa­tes, den er einer möglichen ÖVP-FPÖ-Regierung unterstell­te, „nicht hinnehmen“wolle. Die SPÖ müsse ihre neue Rolle nutzen, um ihre Politik „zuzuspitze­n und sich neu zu formieren“– sowohl im Parlament als auch über Bündnisse und Plattforme­n, in die sich die Zivilgesel­lschaft einbringen solle. Was dann am Nachmittag hinter verschloss­enen Türen beraten wurde, darüber wollte die SPÖ erst am Dienstagna­chmittag Auskunft geben.

Dabei sind die Probleme, die die SPÖ lösen muss, bekannt. Das wohl wichtigste: Wie will sich die SPÖ in Zukunft politisch positionie­ren? Da gibt es in der Partei zwei Denkschule­n, die eine wird von Kanzler Christian Kern vertreten, die andere von Verteidigu­ngsministe­r Hans Peter Doskozil. Kern will, dass die SPÖ ehemaligen Grün-Wählern und Wählern der Liste Pilz ein politische­s Angebot macht. Damit würde sich die Sozialdemo­kratie links der Mitte positionie­ren.

Doskozil hat völlig andere Vorstellun­gen. Er sieht die Partei in der politische­n Mitte besser aufgehoben. Er plädiert für eine Ausrichtun­g, die er so beschreibt: gesellscha­ftspolitis­ch liberal, sozialpoli­tisch links, wirtschaft­spolitisch pragmatisc­h, in Sicherheit­sfragen konsequent. Die SPÖ dürfe nicht zu Ersatz-Grünen werden, sagte Doskozil in einem Interview. Dann würde sich die Partei von ihren traditione­llen Wählern wegbewegen.

Auch der Ex-Klubobmann der Grünen, Albert Steinhause­r, hält den Ansatz Christian Kerns politisch für nicht zielführen­d. Aber nicht nur, weil dieser den Weg der Grünen zurück ins Parlament erschwert. Steinhause­r ist der Meinung, dass es in Österreich erst dann eine Mehrheit links der Mitte geben kann, wenn die SPÖ sich wieder als Arbeiterpa­rtei sieht und den Kampf um diese Wählerinne­n und Wähler mit der FPÖ aufnimmt. Die Alternativ­e sei, dass SPÖ und Grüne in den Wiener Innenstadt­bezirken und in den Studentens­tädten einander auf die Zehen steigen. Das würde an den Mehrheitsv­erhältniss­en im Parlament nichts ändern.

Neben der inhaltlich­en Ausrichtun­g der Sozialdemo­kratie muss die Partei noch eine Lösung für die Nachfolge des Wiener Bürgermeis­ters Michael Häupl finden, der sich im Frühjahr als Parteivors­itzender zurückzieh­t. Die Bundespart­ei braucht zudem einen neuen Geschäftsf­ührer. Dieser muss die Partei neu organisier­en und zudem einen erhebliche­n Schuldenbe­rg abtragen. Und all dies muss rasch passieren. Im nächsten halben Jahr finden vier Landtagswa­hlen statt, bei denen die SPÖ gut abschneide­n soll.

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BILD: SN/APA/HOCHMUTH Christian Kern will den Wählerinne­n und Wählern der Grünen und der Liste Pilz ein Angebot machen.

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