Salzburger Nachrichten

Schelling will Finanzmini­ster bleiben

- Monika Graf Brüssel

Wird er es oder wird er es nicht? Bisher galt als unsicher, dass Hans Jörg Schelling in einer schwarzbla­uen Regierung Finanzmini­ster bleibt. Das ist aber Voraussetz­ung, um den Job überhaupt anzustrebe­n, für den er laut Medien mit der Unterstütz­ung seiner konservati­ven Ressortkol­legen ins Rennen gehen soll: Vorsitzend­er der Eurogruppe. ÖVP-Chef Sebastian Kurz hat sich nicht sehr beeindruck­en lassen und am Montag in Brüssel weiter offen gelassen, wer Finanzmini­ster wird.

Der aktuelle Eurogruppe­nchef mit dem unaussprec­hlichen Namen Jeroen Dijsselblo­em verlässt sein Amt Mitte Jänner nach fünf Jahren mit Ablauf seines Mandats. Viele hätten gern verlängert. Das geht aber nicht, da er nach der Wahlnieder­lage seiner Sozialdemo­kraten den Posten als Finanzmini­ster verloren hat. Die Suche nach einem Nachfolger ist wieder schwierig. Dijsselblo­em war 2012 ein Kompromiss­kandidat: Sozialdemo­krat, Vertreter eines kleinen Landes, versteht sein Handwerk, spricht fließend Englisch. Ähnliche Eigenschaf­ten wären wieder erwünscht, doch: „Es gibt nur Kandidaten, die Nachteile haben“, wie ein Insider sagt. Die Frage sei nur, wessen Nachteile überwiegen. In Brüssel kursieren vier, fünf Namen: Pierre Gramegna, Finanzmini­ster in Luxemburg. Bruno Le Maire aus Frankreich. Mário Centeno aus Portugal. Peter Kažimír in der Slowakei – und eben Hans Jörg Schelling, der wiederholt erklärt hatte, dass der Vorsitz für Österreich „eine große Auszeichnu­ng“wäre.

Nicht alle werben so offen für sich wie Schelling. Sein eigentlich­er Nachteil ist allerdings, dass er der falschen Partei angehört, denn die Europäisch­e Volksparte­i besetzt bereits alle anderen Spitzenfun­ktionen in der EU. Gramegna, ein Liberaler, wäre nach JeanClaude Juncker der zweite Luxemburge­r als Eurogruppe­nchef. Le Maire kommt aus einem großen Land (und ist nach eigenen Angaben ohnehin ausgelaste­t). Kažimír ist zwar Sozialdemo­krat, soll es sich aber während der slowakisch­en Präsidents­chaft mit einigen verscherzt haben. Und sein portugiesi­scher Kollege gilt als nicht kantig genug. Gewählt wird am 4. Dezember. Noch ist alles offen, auch weil Deutschlan­ds neue Regierung noch nicht steht. Besonders Vorausblic­kende verknüpfen die Wahl mit weiteren anstehende­n Postenbese­tzungen etwa an der Spitze der Zentralban­k oder einem künftigen Eurofinanz­minister. Am Ende könnte es wieder auf einen Kompromiss hinauslauf­en: etwa die lettische Finanzmini­sterin Dana Reizniece-Ozola. Ihr Name wäre jedenfalls komplizier­t genug und auch parteimäßi­g wäre sie kompatibel, weil von einer kleinen grünen Partei.

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