Beben riss Hunderte in den Tod
In der kurdischen Grenzregion zwischen Iran und Irak suchen Retter in den Trümmern nach Überlebenden. Die Zahl der Opfer könnte noch steigen.
Wie Gerippe ragen zerstörte Häuserblocks in die Höhe, die herabgestürzten Fassadenplatten sind zu Trümmerbergen aufgetürmt: Mehr als 230 Tote wurden nach dem verheerenden Erdbeben im Westen des Iran allein in der Stadt Sarpole Zahab bis Montagmittag gezählt. Bis Montagabend wurden im Iran laut Behörden mehr als 400 Menschen tot geborgen, vermutlich mehr als 6000 wurden verletzt. Auf der anderen Seite der Grenze, im kurdischen Teil des Irak, waren bis Montagabend acht Tote zu beklagen, Dort wurden an die 500 Menschen verletzt. Die Zahlen können noch weiter steigen.
Es sei schwierig, Rettungsteams in die Dörfer zu schicken, weil die Straßen wegen Erdrutschen abgeschnitten seien, berichtete der Chef des Katastrophenschutzes, Pir Hossein Koolivand. Vielerorts fiel der Strom aus. Hunderte Krankenwagen und Dutzende Armee-Hubschrauber wurden entsandt.
Das schwere Erdbeben der Stärke 7,3 hatte die Region am Sonntagabend (Ortszeit) erschüttert, als viele Menschen zu Hause waren. Das Zentrum des Bebens lag laut USErdbebenwarte 50 Kilometer nördlich von Sarpole Zahab im Iran. Dort stürzten Häuserblocks ein. Helfer suchten unter den Trümmerbergen nach Überlebenden. Meistens bargen die Tote. Doch auch eine Mutter mit ihrem Baby wurden aus den Trümmern gerettet. Aus Angst vor Nachbeben campierten viele Menschen im Freien, neben Lagerfeuern, nur mit Decken vor der Kälte geschützt. Die Stadt Sarpole Zahab liegt in der iranischen Provinz Kermanschah, die von dem Beben besonders stark getroffen wurde. Die amtliche Nachrichtenagentur Irna berichtete über schwere Auswirkungen auch in Städten wie Ghasre Schirin oder Eslamabad. In der Region um diese Städte leben etwa 259.000 Menschen.
Im Nordost-Irak wurden im Kurdengebiet acht Menschen getötet und mehr als 500 verletzt, wie das Gesundheitsministerium in Bagdad mitteilte. Die Zahl der Toten lag in dem dünn besiedelten Gebiet deutlich niedriger als im Iran. Am stärksten getroffen wurde die Stadt Darbandikhan, in der vier Menschen ums Leben kamen. Fotos zeigten eingestürzte Mauern und Gebäude. Zwei Tote gab es in Karmijan und einen in Suleimanija. Ein Mensch starb in der benachbarten irakischen Provinz Diyala.
Das Beben ereignete sich in einer Tiefe von etwa 23 Kilometern und war auch in der irakischen Hauptstadt Bagdad und in der Stadt Täbris im Nordwesten des Iran zu spüren. Selbst im Osten der Türkei schreckte das Beben Menschen auf. In der kurdischen Millionenmetropole Diyarbakir flohen Bewohner aus ihren Häusern.
Die bergige Grenzregion zwischen dem Iran und dem Irak wird regelmäßig von Erdbeben erschüttert; dort verläuft eine tektonische Bruchlinie. Im Nordiran kamen bei einem Erdbeben der Stärke 7,4 im Jahr 1990 rund 40.000 Menschen ums Leben. 2003 erschütterte ein Erdstoß die historische Stadt Bam im Südosten des Iran. Dabei kamen mindestens 31.000 Menschen ums Leben. Auch 2005 und 2012 kam es im Iran zu schweren Beben mit Hunderten Toten.
Das Österreichische Rote Kreuz meldete am Montag, dass die Hilfe für die Betroffenen angelaufen sei. Der Iranische Rote Halbmond entsandte demnach 174 Rettungs- und Suchhundeteams in die betroffene Region. Sie sollen die medizinische Versorgung sicherstellen und verteilen 17.000 Decken, 7000 Zelte und andere dringend benötigte Hilfsgüter. In der Stadt Sarpole Zahab wurde das Krankenhaus zerstört. „Die Patienten werden verlegt“, sagt Walter Hajek, Leiter der Abteilung für Internationale Zusammenarbeit des Österreichischen Roten Kreuzes.
Später erschütterte am Sonntagabend (Ortszeit) auf der anderen Seite der Welt ein ähnlich starkes Erdbeben die Pazifikküste von Costa Rica. Zwei Menschen starben an einem Herzinfarkt. Berichte über weitere Opfer oder größere Schäden gab es nicht.