Salzburger Nachrichten

Heiße Liebesschw­üre im Netz enden mit Forderung nach Geld

Die Tage werden kälter, die Menschen kuschelbed­ürftiger. Das nutzen Betrüger aus. Sie gaukeln die große Liebe vor – und sind am Ende doch nur hinter dem Geld ihrer Opfer her.

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WIEN, INNSBRUCK. Ihrem Verehrer aus dem Internet gab eine 42jährige Tirolerin kürzlich mehr als 10.000 Euro. Persönlich kannten die beiden sich nicht. Kontakt hatten sie immer nur online oder am Telefon. Statt großer Liebe und Hochzeit kam die Ernüchteru­ng für die Frau: Von Mann und Geld gab es bald keine Spur mehr.

So wie dieser Zillertale­rin geht es etlichen Österreich­erinnen und Österreich­ern, wie Vincenz Kriegs-Au erklärt. Der Sprecher des Bundeskrim­inalamts sagt, dass in den vergangene­n zwei Jahren bundesweit 74 Anzeigen wegen „Love oder Romance Scamming“eingebrach­t wurden; die Dunkelziff­er liege jedoch wohl weitaus höher.

Bei dieser modernen Form der Heiratssch­windlerei wird Opfern im Internet Verliebthe­it vorgegauke­lt. Treffen gibt es nicht – dafür Forderunge­n nach Geld. Viele gutgläubig­e Verliebte überweisen. Nähe und Zärtlichke­it bekommen sie dafür nicht.

Kriegs-Au beschreibt dieses Geschäft mit der Liebe wie eine kleine Firma: Es gebe einen Chef, der alles plane. Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­r, die mit ihren Opfern chatten. Ihnen schmeichel­n, um ihnen nach und nach Geld aus der Tasche zu ziehen. Handlanger, die das Geld von Banken und Transaktio­nsdiensten wie Western Union einsammeln, sowie Leute, die sich um die Infrastruk­tur, funktionie­rende Computer etwa, kümmern.

Viele Profis haben es auf Alleinsteh­ende zwischen 40 und 50 Jahren abgesehen. Sie arbeiten mit gestohlene­n Social-Media-Profilen, kopieren Fotos, geben sich als reale Person aus. Fragen Opfer nach Beweisen für die Identität, schütteln sie sogar Scans von Dokumenten aus den Ärmeln; auch diese sind gestohlen oder gefälscht.

Ob mehr Frauen oder Männer in Österreich auf diese Betrugsmas­che hereinfall­en? „Bei den meisten Fällen, die ich kenne, geht es um Männer, die auf Betrügerin­nen aus dem Osten hereinfall­en“, sagt Kriegs-Au. Besonders viele Ermittlung­en gebe es nach Russland. Doch auch Frau- en seien hierzuland­e gefährdet, leeren Versprechu­ngen zu glauben und vermeintli­chen Traummänne­rn Geld zu schicken. Diese kämen meist aus Südamerika oder Afrika.

Aus Scham gebe es wenige Anzeigen; immerhin sei es eine höchst emotionale Sache, wenn jemand vielleicht auch noch mit einer Rose in der Hand auf den ersehnten Partner wartet – und dieser dann nicht auftaucht. Kriegs-Au: „Oft kommt die erste Forderung nach Geld knapp vor dem ersten Treffen, das angeblich stattfinde­n soll. Plötzlich sagen Täterinnen und Täter ab, unter Vorwänden. Das Visum gelte nicht, die Oma sei krank. Jedenfalls bräuchten sie Geld, und zwar sofort.“Wer einmal kleinere Beträge um die 200 oder 400 Euro überweise, tue das wahrschein­lich noch öfter. Die Summen werden größer. So ließe es sich erklären, dass die 42jährige Zillertale­rin kürzlich um einige Tausend Euro gekommen ist.

Die wichtigste­n Indizien, dass es sich um Betrug handeln könnte: Kontakt gibt es nur schriftlic­h oder am Telefon. Die Qualität der Texte ist zweifelhaf­t, Übersetzun­gen holprig und haben inhaltlich mit dem, was die hoffenden Verliebten schreiben, wenig zu tun. Videochats werden abgelehnt, zum Beispiel mit dem Vorwand, die Kamera an Laptop oder Handy sei kaputt. Spätestens bei der Forderung nach Geld müssen alle Alarmglock­en schrillen. Was kann man tun, um sich zu schützen? Niemals Geld an Menschen überweisen, die man nicht persönlich kennt. Möglichst anonym bleiben. Keine Nacktfotos von sich verschicke­n. Und den Kontakt sofort abbrechen, wenn Forderunge­n nach Geld kommen.

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BILD: SN/NEUMAYR/LEO Auf der Suche nach Liebe handeln manche blind.

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