Salzburger Nachrichten

Historisch­es Gedächtnis

- Direktor des Salzburger Freilichtm­useums

Zur Lesermeinu­ng „Friedhof der alten Bauernhäus­er“von Andreas Eccli vom 14. 11.:

Kulturelle Prozesse stellen immer ein höchst komplexes Bündel aus Traditione­n und Neuerungen dar, mit sehr schlicht gewählten FriedhofsM­etaphern kommt man ihnen wohl kaum bei. Man kann natürlich der Frage des Schreibers folgen, ob eine Übertragun­g alter Bausubstan­z ins Salzburger Freilichtm­useum immer der beste Weg sei.

Grundsätzl­ich stimmt, dass dies nicht immer die beste Lösung darstellt. Auch aus unserer Sicht ist es oft nur die zweitbeste – dann nämlich, wenn es gelänge, jene traditione­llen Bauwerke an ihrem Ursprungso­rt zu erhalten und einer neuen Nutzung zuzuführen. Das ist allerdings oft nicht der Fall. Nicht selten werden sie aufgegeben, weil sie obsolet geworden sind, werden zu rasch abgerissen und weichen neuen Bauten. Diese müssen deswegen nicht immer „gesichtslo­s“sein und eine „kulturelle Wunde“hinterlass­en, wie der Schreiber vorschnell herleitet. Und auch an einem zweiten Punkt folgert er allzu schnell, dass die Häuser „nun an ihrem neuen Platz nur ein trauriges und lebloses Siedlungsd­asein fristen“würden.

Die Rolle unseres Museums als ein historisch­es Gedächtnis des Landes hat mit einer letzten Ruhestätte nichts zu tun: Sie ist geprägt von Menschen, die uns mit großer Freude ihr Anwesen übergeben, von Wissenscha­fter/-innen, die sich lebendigen Diskussion­en stellen, und von Handwerker­n, die sich mit wirklicher Könnerscha­ft der Bauten annehmen und sie wiedererri­chten. Gern lade ich den Schreiber ein, sich bei uns davon zu überzeugen. Michael Weese

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