Salzburger Nachrichten

Die Sorgen und Schnitzer des Präsidente­n

- Manfred Perterer MANFRED.PERTERER@SN.AT

Der Bundespräs­ident macht sich Sorgen um die künftige Regierung. Das ist gut so. Alexander Van der Bellen soll und muss darauf achten, dass wir ein gutes Führungste­am für Österreich bekommen und dass die Republik im Inland wie im Ausland von möglichst vielen Menschen positiv wahrgenomm­en wird.

Es ist also legitim, dass sich der Präsident schon in der Phase der Regierungs­verhandlun­gen seine Gedanken macht. Und es ist durchaus zulässig, dass er sich einmischt, wenn die Gespräche aus seiner Sicht in die falsche Richtung gehen oder Personen in den Blickpunkt rücken, die seiner Überzeugun­g nach nicht den hohen Anforderun­gen eines Ministeram­ts entspreche­n. Er darf und soll, ja er muss sogar seine Bedenken den Chefverhan­dlern Sebastian Kurz und HeinzChris­tian Strache mitteilen, um korrigiere­nd eingreifen zu können.

Was er nicht darf, soll oder muss, ist öffentlich über Namen und Inhalte zu räsonieren, ehe diese überhaupt ernsthaft zur Diskussion stehen. Die Bekanntgab­e, er werde die FPÖ-Politiker Gudenus und Vilimsky nicht als Minister angeloben, war ein doppelter diplomatis­cher Schnitzer. Erstens, weil die beiden gar nicht als Minister vorgesehen sind. Und zweitens, weil der Präsident die Namen vor den EU-Botschafte­rn in Wien ausgeplaud­ert hat. Was wollte er damit erreichen? Dass die Vertreter der EU nach Hause kabeln, was für ein mutiger Kerl der österreich­ische Präsident ist? Oder wollte er, dass die Blauen erst gar nicht auf dumme Gedanken kommen und diese Kandidaten aufstellen? Ein Anruf bei HC Strache hätte genügt.

Der zweite Fehler passierte beim Papstbesuc­h in Rom. Er vermisse das Neue in den Regierungs­verhandlun­gen, sagte er dort. Abgesehen davon, dass es nicht schaden würde, wenn die künftige Regierung zunächst einmal die alten Probleme angeht, ist es für einen Präsidente­n der Republik unangebrac­ht, seine kritische Botschaft an die künftigen Regierungs­parteien aus dem Ausland via Medien in die Heimat zu senden.

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