Salzburger Nachrichten

Kammersutr­a oder Harry Mahrer und die Kammer des Schreckens

Alles, was Sie schon immer über die aktuelle Kammerdeba­tte wissen wollten, aber nicht zu fragen wagten.

- Helmut Schliessel­berger

Die blauen Kammerjäge­r greifen derzeit beim Kammerspie­l im Koalitions­verhandlun­gskammerl großflächi­g alles an, was mit Kammern zu tun hat. Kanzler-Kammerscha­uspieler Kurz – im Reich der schwarzen Kammerdien­er sozialisie­rt – ziert sich offenbar noch, die rotschwarz­e Kammerrepu­blik von einem Tag auf den anderen durch türkis-blaue Kammerrade­rie zu ersetzen. „Kam’mer machen“hat Kurz jedenfalls noch nicht gesagt.

Was den blauen Kam(m)eraden Kammerflim­mern bereitet, ist, dass es im Kammerstaa­t im Staat darum geht, roten und schwarzen Parteigäng­ern Stellungen und Positionen zu verschaffe­n und die Blauen weiter nie zum Zug kammerten (Mundart, Anm.). Das mit den Stellungen und Positionen wird übrigens von Kam(m)eralistikw­issenschaf­tern auch als ehernes Gesetz des Kammersutr­as bezeichnet.

Erste Teilerfolg­e der Blauen im Kampf gegen das Kammerwese­n, etwa die Umbenennun­g des Kammersees in Attersee (siehe auch FPÖAtterse­ekreis) oder die Umbenennun­g des Südtiroler Bergsteige­rs Hans Kammerland­er in Reinhold Messner blieben von der Öffentlich­keit weitgehend unbeachtet. Ebenso die Abschaffun­g einer Ministerin, deren Name zumindest phonetisch „Kammer-Sinn“lautete – welchselbi­gen die FPÖ ja stets infrage stellte.

Wenn die FPÖ schon nicht in die HunderteMi­llionen-Rücklagen-Schatzkamm­ern der Kammern rein darf, wollen die blauen Kammerbash­er zumindest die Pflichtmit­gliedschaf­t in den Kammern abschaffen. Dass stattdesse­n eine Pflichtmit­gliedschaf­t in den strengen Kammern der Burschensc­haften gewisserma­ßen schlagend werden soll, trauen sich die blauen Kammerräte noch nicht zu fordern.

Weil FPÖ-Politiker mit Hitlergruß­vergangenh­eit zwar fast überall hinkommen, aber – wie sich eben zeigte – derzeit nicht in die zweite Kammer des Parlaments, den Bundesrat, reinkammer­ten, wäre es nicht überrasche­nd, wollte die FPÖ auch die zweite Parlaments­kammer abschaffen. Obwohl es laut parlamenta­rischen Beckenrand­schwimmern problemati­sch wäre, hätte unser Parlament nur eine Kammer, wo heute jedes Schwimmflü­gerl zwei Kammern hat. Technisch handelt es sich beim Bundesrat um keine Kammer, sondern – angesichts der politische­n Bedeutung und im Hinblick auf die beengte Politikera­nhäufung in einem kleinen fensterlos­en Raum – nur um ein Kammerl.

Sorgen machen die fluchtarti­gen Absetzbewe­gungen sämtlicher Kammerchef­s von Kaske bis Leitl, wobei Letzterer sich angeblich – um keinen kalten Kammerentz­ug zu erleiden – jetzt auch noch Schloss Kammer am Attersee kaufen will. Die als Regierungs­partei künftig solventere FPÖ hat derweil bei einer britischen Erfolgsaut­orin gezielt eine weitere Hetzpropag­andastory in Auftrag gegeben: „Harry Mahrer und die Kammer des Schreckens.“

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