Salzburger Nachrichten

Geld bestimmt die UNO-Klimakonfe­renz

Die Industriel­änder wollen sich nicht langfristi­g verpflicht­en.

- SN, dpa

Verheerend­e Tropenstür­me, die angekündig­te Abkehr der USA aus dem Abkommen von Paris und der Kampf beim Thema Kohle: Die Sorgen der armen und reichen Länder sind bei der Weltklimak­onferenz in Bonn so heftig wie kaum zuvor aufeinande­rgeprallt.

„Unsere Existenz ist bedroht“, sagte Tafue Lusama, Präsident des Roten Kreuzes in Tuvalu. Ein schon oft gehörter Satz. Lusama bezog sich nicht nur auf die steigenden Meeresspie­gel, sondern auch auf die stärker werdenden Zyklone. Außerdem sei Regen sehr unvorherse­hbar geworden – mit Auswirkung­en auf die Landwirtsc­haft, wie sie auch viele andere Länder spürten.

„Die Extremwett­er betreffen das ganze Land und die Nahrungssi­cherheit“, sagte auch ein Mitglied der Konferenzp­räsidentsc­haft von Fidschi, Deo Saran. Das sei derzeit auf Fidschi schlimmer als der Anstieg des Meeresspie­gels – obwohl auf einer Insel schon Menschen in höhere Regionen ziehen mussten.

Die Kanzlerin eines der reichsten Länder der Erde, Angela Merkel, erklärte im Konferenzp­lenum den Vertretern von 195 Staaten, wie schwierig es für Deutschlan­d sei, klimaschäd­liche Kohlekraft­werke zu schließen. Da gehe es „auch um soziale Fragen und Arbeitsplä­tze“, sagte sie. Und es klang fast entschuldi­gend: „Ich will Ihnen nur sagen, dass auch in einem reichen Land, wie wir es sind, darüber natürlich erhebliche Konflikte in der Gesellscha­ft sind. Und die müssen wir lösen.“

Ein Hauptstrei­tpunkt der Konferenz aber war bis zuletzt das Geld, das reiche Staaten den ärmeren zum Klimaschut­z und zur Anpassung an die Folgen des Klimawande­ls geben sollen. Die Entwicklun­gsländer wollten zum Beispiel längerfris­tige Zusagen über ein Jahr hinaus. Die Industriel­änder hielten dagegen, sie könnten ihre Haushalte nicht so lang planen. Wegen solcher Debatten wurde am Freitag mit Verhandlun­gen mindestens bis tief in die Nacht gerechnet.

Generell ging es auf der Konferenz im Kern immer wieder darum, inwieweit die Industriel­änder anerkennen, dass durch den Klimawande­l Schäden in ärmeren Staaten entstehen. Eine Verantwort­ung für die Folgen des Klimawande­ls wollen die reichen Staaten in keinem Fall übernehmen, aber sie haben ein kleines Trostpflas­ter außerhalb der Verhandlun­gen ausgebaut.

Am Rande der Konferenz startete ein breites Bündnis für eine Art Versicheru­ng gegen Klimaschäd­en. Die globale Partnersch­aft unter anderem aus der Weltbank, Deutschlan­d und besonders vom Klimawande­l betroffene­n Staaten soll ärmeren Menschen bei Unwetterka­tastrophen schnell helfen. Da diese Versicheru­ng außerhalb der Verhandlun­gen entstand, kann sie vom Abschlussp­lenum nicht mehr umgestoßen werden. Hauptaufga­be der Weltklimak­onferenz war eine Sammlung von Megapapier­en, in der alle Sichtweise­n der Staaten festgehalt­en sind. Aus diesem Texthaufen soll im kommenden Jahr das Regelwerk zum Pariser Klimaschut­zabkommen entstehen. Dies ist unter anderem nötig, damit auf der ganzen Welt eine Tonne Treibhausg­as-Ausstoß mit gleichem Maßstab gemessen wird.

Aber es gibt einen vielleicht ebenso bedeutende­n Fortschrit­t: „Wir haben den Talanoa-Dialog strukturie­rt“, sagte die scheidende Umweltmini­sterin Barbara Hendricks (SPD). Das Wort stammt aus Fidschi und meint eine Versammlun­g, in der Wissen ausgetausc­ht und Vertrauen aufgebaut wird. Dieser Dialog soll helfen, die noch zu geringen Klimaschut­zaktivität­en zu erhöhen. Die erste weise Entscheidu­ng: Er steht unter der Präsidents­chaft zweier Länder mit ganz unterschie­dlichen Positionen – des Inselstaat­s Fidschi und des Kohlelands Polen.

„Leider waren wir nicht konkreter.“

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Barbara Hendricks, Umweltmini­sterin

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