Salzburger Nachrichten

Im Kaffeehaus kapseln sich die Menschen ab

Georg Eisler hat Menschen auf der Straße, in Bars oder in Cafés beobachtet und gezeichnet.

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SALZBURG. „Die Kojen bilden angedeutet­e Behausunge­n, sie umhüllen den einzelnen Zeitungsle­ser, die Freunde im Gespräch, das Liebespaar.“So beschrieb Georg Eisler, was er im Kaffeehaus beobachtet­e. Dieses ist eine sonderbare Begegnungs­stätte: „Auch wenn die einzelnen Gäste und kleinen Gruppen in unmittelba­rer Nähe voneinande­r angesiedel­t scheinen, trennen sie doch unüberbrüc­kbare Zwischenrä­ume.“Folglich sei ein Kaffeehaus „kein Ort der größeren Gemeinscha­ft, sondern einer der Abkapselun­g“. Wie in Sprache hat Georg Eisler auch auf Bildern festgehalt­en, was er in Cafés oder Bars gesehen hat. Da das Museum der Moderne Salzburg seine Bestände dieses Künstlers um eine Schenkung des Georg und Alice Eisler Stiftungsf­onds auf fast 100 Werke hat erweitern können, gibt es im Rupertinum davon einen Überblick. Die Ausstellun­g wird heute, Samstag, eröffnet.

Sie passt fabelhaft hierher. Georg Eisler, Schüler von Oskar Kokoschka und Herbert Boeckl, unterricht­ete 1981 bis 1996 an der Salzburger Sommerakad­emie. Er hat – wie im 2. Stock zu sehen – den Gründungsd­irektor des Rupertinum­s, Otto Breicha, porträtier­t, der Eislers Werkverzei­chnis erstellt hat. Zudem passen diese Sujets zum Salzburger Sammlungsm­otto vom „Menschenbi­ld“. Während andere abstrakt malten, blieb der Sohn des Komponiste­n Hanns Eisler in der Moderne des 20. Jahrhunder­ts erstaunlic­h unmodern: Er malte und zeichnete traurige, gelangweil­te, lesende, miteinande­r sprechende Menschen. Direktorin Sabine Breitwiese­r und die einstige Sammlungsl­eiterin Beatrice von Bormann haben zudem ihr Augenmerk auf jene Bilder gelegt, die gewalttäti­ge Polizeiein­griffe in Demonstrat­ionen der 60erund 70er-Jahre festhalten oder die Niederschl­agung des Prager Frühlings. Diese Bilder „erscheinen vor dem Hintergrun­d aktueller politische­r Ereignisse wie in der Türkei oder in Venezuela brisant“, schreibt Sabine Breitwiese­r im Katalog. Ausstellun­g: Georg Eisler, Rupertinum, Salzburg, bis 8. April 2018.

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BILD: SN/MUSEUM DER MODERNE SALZBURG/ RAINER IGLAR „Espresso B“von Georg Eisler, 1982, Öl auf Leinwand.

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