Der Preis entscheidet das Rennen
Warum Hervis im Kampf gegen Amazon zum Preis-Angriff übergeht, der Service dennoch wichtiger wird und man Leihski ins Hotel liefert.
SALZBURG. Dass heimische Händler gegenüber ausländischer OnlineKonkurrenz Vorteile haben, steht für Hervis-Chef Alfred Eichblatt außer Frage. „Zum einen bieten wir vor dem Kauf Beratung, zum anderen nach dem Kauf Service wie Einstellen und Reparieren.“Im Sporthandel komme als dritter Punkt die Hilfestellung bei der Ausübung des Sports dazu: Hervis biete über seine Community derzeit 500 Events an, von Skitouren auf den Zinken bis zu Laufen im Prater. „Bei dem Kunden, der online kauft, zählt aber letztlich nur der Preis“, sagt Eichblatt.
Die zum Salzburger Spar-Konzern zählende Hervis-Gruppe mit österreichweit 100 Filialen geht gegenüber Amazon daher jetzt zum Preis-Angriff über. Geworben wird in einer groß angelegten Werbekampagne mit dem in Österreich eher unüblichen direkten Preisvergleich. „Es ist ein Mythos, dass online alles billiger ist, das wollen wir beweisen“, sagt Eichblatt. Der Online-Handel setze bei Billigstangeboten oft auf im stationären Handel rein rechtlich verbotene Strategien. „Wenn ich in der Werbung einen Laufschuh günstig bewerbe, es den dann aber nur in einer Größe gibt, ist das Irreführung der Kunden. Online aber akzeptiert das jeder.“
Zehn Prozent des Umsatzes – im Vorjahr setzte Hervis mitsamt seiner 110 ausländischen Filialen 493 Mill. Euro um – macht Hervis selbst mittlerweile im Internet. „Auch wenn wir als Multichannel-Anbieter die beiden Bereiche kaum auseinanderrechnen können.“Die Hälfte der online gekauften Ware wird vom Kunden in eine Filiale bestellt und abgeholt, andere kaufen online und tauschen im Geschäft um.
Kundenbindung gelinge weiter nur über Service – und das auf allen Kanälen. So setze man in neuen Filialen – wie jener, die im Europark kommenden Montag nach einem Relaunch eröffnet wird – auf ein Bodylab, das etwa durch 3D-Fußvermessung oder -Körpervermessung den perfekten Schuh oder das richtige Rad für den Kunden findet. Auch im jungen Miet-Geschäft werde Hervis diesen Winter einen Service, der im Vorjahr am Arlberg getestet worden sei, österreichweit ausrollen. Gäste, die sich ihre Ski für den Winterurlaub ausleihen, bekommen diese kostenlos ins Hotel geliefert und gleich angepasst. Das vor etwas über einem Jahr zunächst in den Filialen Haid bei Linz und später Eugendorf gestartete Pilotprojekt „mieten statt kaufen“habe Hervis mittlerweile in der Hälfte seiner Filialen umgesetzt. Sportgeräte zu leihen statt zu kaufen werde rasant zulegen, ist Eichblatt überzeugt. „Im Bereich Ski wird bereits die Hälfte verliehen, nicht verkauft. In den anderen Bereichen ist der Anteil vorerst marginal, aber das wird sich ändern.“Nicht nur weil gerade Städter immer weniger Stauraum für Ski oder Räder haben und Trendsportarten von manchen lieber zunächst ausprobiert werden, sondern auch aus Kostengründen. E-Bike statt Fahrrad, Stand-upPaddle statt Schlauchboot oder neuester Carver: Viele Sportartikel haben nicht nur technisch, sondern auch preislich einen Sprung gemacht. Für wenige Tage zu leihen statt zu kaufen werde so attraktiver. „Wir waren bei den Stand-up-Paddeln schon im Juni über den ganzen Sommer ausgebucht, obwohl wir einige Hundert Leihgeräte hatten.“
Einen generellen Preisschub bei Sportartikeln will Eichblatt aber nicht sehen. Was es nicht mehr gebe, sei eine klare Trennung zwischen Kunden, die teure Qualität, und anderen, die nur das Billigste kauften. Heute kaufe jeder beides. „Ich bin neulich zwei Männern in der Ski-Gondel gegenübergesessen, der eine hatte Jacke und Hose teurer Marken, die zusammen über 1000 Euro kosten, aber einen Helm um 29 Euro, der andere Hose und Jacke um gemeinsam keine 200 Euro, dafür einen Helm um über 200 Euro.“
Generell seien die Österreicher sportaffin. Mit Ausgaben von 250 Euro für Sportartikel im Jahr liegen sie laut Daten von RegioData europaweit nach der Schweiz und Großbritannien auf Platz drei.
„Mythos, dass online alles billiger ist.“