Ende Ein mit Schrecken
Im Duell um das Halbfinale beim Masters ging Dominic Thiem gegen David Goffin sang- und klanglos unter. Österreichs Tennisstar wirkte hilflos, kannte aber zumindest Gründe.
Es war die große Chance, mit einem Sieg den verkorksten Herbst vergessen zu machen und als erster Halbfinalist österreichische Tennisgeschichte zu schreiben. Geworden ist es eine große Enttäuschung im letzten Spiel des Jahres. Dominic Thiem ging im letzten Gruppenspiel um den Einzug ins Halbfinale bei den ATP Finals in London gegen David Goffin mit 4:6, 1:6 sang- und klanglos unter. Während der Belgier nach seinem bisher größten Erfolg nun heute, Samstag (15 Uhr), in der O2Arena Superstar Roger Federer fordern darf, verließ Thiem die große Bühne mit hängendem Kopf und einigen Fragezeichen.
„Das ist sehr, sehr bitter. Vor allem, weil ich selbst am besten weiß, wie gut ich spielen kann und welches Gefühl man dabei hat. Es ist extrem frustrierend“, sagte die Nummer vier der Welt. Dabei war der Start sehr verheißungsvoll. Thiem nahm seinem Gegner den Aufschlag zum 2:0 ab, führte schnell 3:0. Zweifel an der Fitness von Goffin, der am Mittwoch Grigor Dimitrov 0:6, 2:6 unterlegen war, waren berechtigt, bewahrheiteten sich aber nicht. Dafür einmal mehr die Formschwankungen des Österreichers. Thiem verlor völlig den Faden und machte in den folgenden fünf Games nur drei Punkte. Nach 31 Minuten und zwölf unerzwungenen Fehlern bei nur drei Winnerschlägen hieß es 6:4 für den Belgier.
Nun ließ sich Thiem behandeln, nachdem er sich das Racket auf das Knie geschlagen hatte. Es folgten nach 1:0-Führung drei weitere Aufschlagund insgesamt sechs Gameverluste in Folge sowie Achselzucken und Kopfschütteln als Ausdruck der Hilflosigkeit bei Thiem. Bälle segelten teilweise meterweit ins Aus. Dazu noch eine Reihe von vergebenen Breakchancen zum 2:4. Es war die letzte Möglichkeit, doch noch die Wende einzuleiten.
Das durch den Dreisatzsieg über Nadal-Ersatzmann Pablo Carreño Busta nach eigenen Angaben wieder zurückgewonnene Selbstvertrauen war ganz offensichtlich am Tiefpunkt. Goffin musste meist nur den Ball im Spiel halten, Thiem erledigte den Rest für den Halbfinaleinzug und bisher größten Erfolg des Belgiers. Nach nur 71 Minuten war das mit Spannung und auf Augenhöhe erwartete Duell Geschichte. „Ich konnte in Dominics Gesicht lesen, dass er verzweifelt ist und nicht weiß, was er machen soll. Da war es auch für mich nicht leicht, gegen einen guten Freund zu spielen und die Konzentration zu behalten. Ich muss jetzt versuchen gegen Roger mein Level zu steigern, dass ich ihn fordern kann“, sagte Goffin, während Thiem mit gesenktem Kopf die große Bühne verlassen musste.
Trainer Günter Bresnik konnte sich den Einbruch nach 3:0 nicht erklären. „Nur damit, dass er auf Ergebnisverwalten spielt, und das funktioniert nicht.“Es war jedenfalls eine schallende Ohrfeige, die er nun zunächst im Urlaub zu verdauen hat und die ihm für die Vorbereitung auf 2018 genügend Aufgaben mitgibt. „Ein Grund für so eine Leistung ist sicher die fehlende Selbstverständlichkeit nach vielen knapp verlorenen Matches in den vergangenen Monaten“, ortete der 24-Jährige einen mentalen Knacks. „Ich muss einige Dinge hinterfragen, bin mir aber sicher, dass ich das alles wieder in den Griff bekomme.“Die Saison startet im Jänner.
„Das war unter jeder Kritik. Aber ich bekomme das wieder in den Griff.“Dominic Thiem, Nummer 4 der Welt