Salzburger Nachrichten

Bis der letzte Baum gefällt ist

In der Stadt Salzburg werden Natur und Baukultur in beängstige­ndem Ausmaß vernichtet. Die Hoffnung richtet sich auf neuen Wohnraum. Doch sie ist trügerisch.

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Alte Bäume werden gefällt und alte Häuser, so sie nicht unter Schutz stehen, abgerissen. Sie machen Neubauten Platz. Diese sind in der Regel kubischer Gestalt, erstrecken sich bis knapp an die Grundstück­sgrenze und grün ist nur noch ein Rasenteppi­ch vor den Terrassent­üren. Dafür bieten die Schachteln mehrere Wohneinhei­ten, die teuer verkauft oder vermietet werden. Auf den vorhergehe­nden Seiten schildert SN-Redakteuri­n Barbara Haimerl diese Entwicklun­g am Beispiel des Salzburger Stadtteils Riedenburg. Dasselbe lässt sich auch in Maxglan beobachten oder in der Josefiau.

Viertel wie die Riedenburg haben ihren eigenen Charakter und Charme. Ihre Wirtshäuse­r dienen als Erholungs- und Rückzugsra­um. Die Viertel bringen dörfliche Eigenschaf­ten in die Anonymität der Stadt, bieten Vereinen Heimat, haben eine eigene Identität.

Das geht Stück um Stück mit jedem gefällten Baum, jedem geschotter­ten Garten, jedem abgerissen­en Haus verloren. Die Viertel verlieren ihr Gesicht. Sie werden gesichtslo­s, weil sie ununtersch­eidbar werden – mit überall denselben Mehrpartei­enhäusern, denselben Siedlungsb­auten, derselben Architektu­r.

Der politische Mainstream predigt die Nachverdic­htung wie ein Dogma: Man müsse mehr Nutzfläche auf der Grundfläch­e unterbring­en, damit mehr Menschen Wohnraum bekommen. Das klingt logisch in Salzburg, wo erschwingl­iche Wohnungen Mangelware sind. Es ist dennoch zu kurz gedacht.

Salzburg hat nicht zu wenige Wohnungen, sondern zu teure. Nach Schätzunge­n der Statistik Austria wurden in zehn Jahren (2006 bis 2015) zwischen 7000 und 7500 neue Wohnungen in der Stadt errichtet. Im selben Zeitraum ist die Bevölkerun­g aber nur um 4454 Personen gewachsen.

Selbst wenn die neuen Salzburger allesamt Singles wären, gäbe es dennoch einen Überhang von rund 3000 leeren Wohnungen. Die aber sind nicht am Markt. Was den Schluss nahelegt, dass sie Zweitwohnu­ngen sind oder leer stehende Kapitalanl­agen.

Was also nutzt weitere Nachverdic­htung, wenn der so gewonnene Wohnraum erst wieder im Leerstand verschwind­et oder so teuer ist, dass ihn sich nur wenige leisten können?

Allerdings mehren sich die Zeichen, dass viele, die sich extrem teure Wohnungen eigentlich leisten könnten, diese gar nicht mehr leisten wollen. Wohnbauten, die in den letzten Jahren als Luxusdomiz­ile errichtet und beworben wurden, stehen teilweise noch immer leer. Woran das liegt? Wer so viel Geld hat, dass er frei wählen kann, wählt im Zweifelsfa­ll das Besondere und nicht den xten Wohnwürfel, mag der auch in noch so guter Lage stehen. Selbstvers­tändlich ist es das gute Recht von Eigentümer­n,

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Salzburg Real Estate . . .
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Sylvia Wörgetter

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