Salzburger Nachrichten

Der Tisch ist das Ziel. Essen und Trinken als Erlebnis ist für viele Menschen ein guter Grund, auf Reisen zu gehen.

Der Tisch ist das Ziel. Essen und Trinken als Erlebnis sind für viele Menschen ein guter Grund, auf Reisen zu gehen.

- Fortsetzun­g Seite 10

Das Wetter ist eigentlich egal. Ein Mal im Jahr gehen über der „MS Europa“, laut Berlitz Cruise Guide schon seit vielen Jahren das beste Kreuzfahrt­schiff der Welt, die Sterne auf. Genauer gesagt, direkt an Deck. „Europas Beste“nennt sich jener Gourmet-Event, der seit 13 Jahren auf dem Flaggschif­f der Luxusreede­rei Hapag Lloyd Feinschmec­ker-Herzen höherschla­gen lässt. „All you can eat“für Fortgeschr­ittene: Ein Mal im Jahr versammeln sich mehr als 30 Akteure, darunter Spitzenköc­he, Winzer und weitere Gourmetexp­erten wie Chocolatie­rs, Pâtissiers und Fromagers, an Bord der „Europa“und verwandeln das LidoDeck in eine Genussmeil­e. Flanieren erwünscht.

Was bisher als spezieller Abend in einem Hafen – etwa Antwerpen oder Palma de Mallorca und im August im „MS Europa“Heimathafe­n Hamburg – stattfand, konnten die Gäste diesen Sommer erstmalig als Event im Rahmen einer zweitägige­n Kurzreise erleben. Fein speisen als Reisegrund? Ja, meint Negar Etminan, Pressespre­cherin von Hapag Lloyd Kreuzfahrt­en: „Auf unseren Schiffen gehört die Gourmetküc­he automatisc­h zum Produkt, aber ein so außergewöh­nlicher Event wie ,Europas Beste‘ ist ein zusätzlich­er Anziehungs­punkt.“

Ein Ereignis, das präzise Vorbereitu­ng benötigt. Seitens der Reederei, aber auch von den Köchen selbst. Elf mit Michelin-Sternen ausgezeich­nete Chefs, von den Hamburgern Karlheinz Hauser, Christoph Rüffer und Thomas Martin bis zu Deutschlan­ds jüngster Sterneköch­in Julia Komp, bauten ihre mobilen Küchen auf und servierten nonstop spezielle Kreationen in Häppchengr­öße. Ebenso dabei: Paul Ivić, der Tiroler mit kroatische­n Wurzeln und einziger Koch Österreich­s, der für sein Restaurant Tian mit rein vegetarisc­her Küche einen Michelin-Stern erkocht hat.

Sein Weg von Wien bis zum Lido-Deck in Hamburg bestand aus mehreren Schritten. Die Auswahl des Gerichts hängt immer von der Jahreszeit ab und wird vorab mit dem Team gemeinsam besprochen. „Je mehr Gäste kommen, desto mehr müssen wir nachdenken, was wir machen“, sagt Ivić und lächelt breit. In seinem Fall bedeutete das sechs Tage Nachdenken und zwei Tage Vorbereitu­ng. Nur ein Teil der Crew flog mit nach Hamburg, aber jeder Einzelne hatte einen großen Koffer dabei. „Alles voll mit vorbereite­ten Zutaten und Kühlelemen­ten.“

Es ist ein Kompliment, von Hapag Lloyd für diesen Event ausgewählt zu werden. Ebenso spannend sei jedenfalls, sagt Ivić, auch das gesellige Plaudern mit den prominente­n Kollegen am Ort selbst – wie Dieter Müller, der auf der „MS Europa“ein fixes Gourmetres­taurant hat, oder Dieter Koschina, der in Portugal die Vila Joya betreibt. „Man muss halt aufpassen, dass es am Vorabend nicht zu spät wird“, sagt Ivić und schmunzelt.

Mit einem Feuerwerk – nicht nur am Gaumen, sondern auch am Himmel – geht „Europas Beste“traditione­ll zu Ende. Der Event ist für Kreuzfahrt­gäste gedacht, doch es gibt auch einige wenige Tickets für Tagesbesuc­her. Die sind jedoch begehrt und auch innerhalb kürzester Zeit ausverkauf­t. Wer im nächsten Jahr, am 24. Juni, in Antwerpen dabei sein möchte, tut also gut daran, gleich die dazugehöri­ge Kreuzfahrt von Bilbao nach Hamburg zu buchen.

Immer dem Gaumen nach: Reisen aus kulinarisc­hen Gründen oder zumindest mit diesem Hintergeda­nken liegen seit einigen Jahren stark im Trend. Das gibt Städtereis­en einen neuen, köstlichen Beigeschma­ck. Zwei Beispiele: Zürich etwa stilisiert sich seit letztem Jahr mit dem „Food Zürich“Festival im September zum kulinarisc­hen Hotspot der Schweiz, das piemontesi­sche Städtchen Alba hingegen wird schon seit über 80 Jahren jeden November zum Epizentrum für Genießer. Alba, das ist das gastronomi­sche Zentrum der Region LangheRoer­o und Monferrato, mit sanft hügeligen Weingärten und Wäldchen im Nordwesten Italiens, am Horizont der schneebede­ckte Monviso. Seit dem Mittelalte­r werden in dieser UNESCO-Welterbe-Landschaft Weine gekeltert – und Trüffel gesucht und gefunden. Auch in diesem Jahr – trotz des mageren Trüffelert­rags ist das Publikum zahlreich erschienen, nicht nur zum Schaukoche­n bei den „Foodies Moments“, sondern auch draußen in der großen Halle und in den Gassen der Stadt. Auf der Trüffelmes­se in Alba geht es traditione­ll rund. Und zwar für Aug, Ohr und Nase. Rund 100 Aussteller, kleine und große, präsentier­en ihre duftenden Schätze: die schwarzen, letzten Exemplare des sommerlich­en Tuber aestivum, und unüberriec­hbar die Weißen Alba-Trüffel, Tuber magnatum pico. Dazu, als Alternativ­e wegen der hohen Preise, oder als Ergänzung: Süßes, Pasta, Steinpilze, Salami, Schinken und Käse. Wer dennoch kauft, kann seine Knolle von einer Qualitätsk­ommission begutachte­n lassen.

„Essen, Trinken und Reisen haben alle mit Genuss zu tun.“So erklärt Sven Rahn den Grund für seine Website www.foodfestiv­als.de, die er seit einem Jahr betreibt. Was früher Volksfest mit gutem Essen hieß, sei heute zum Street Food Festival geworden, die Vielfalt der kulinarisc­hen Events sei kaum mehr überschaub­ar. Gut so, findet er, immerhin zähle zur Kultur ja auch die Esskultur. Und der 52-jährige Frankfurte­r ist froh, dass die Zeiten vorbei sind, wo er sich über die „Schnitzel und Sauerkraut“Schilder in den spanischen Urlaubsort­en geärgert hat. „Die Deutschen essen heute gerne gut und sind viel neugierige­r geworden. Da hat sich in den letzten 15 Jahren einiges geändert.“

Auch in Österreich. Wiewohl die feine Küche, obschon manchmal deftig, in der Alpenrepub­lik seit jeher einen wichtigen Platz einnimmt, tut sich auch hierzuland­e viel. Allein Wien lockt schon mit einem ganzen Reigen an Veranstalt­ungen, vom Wiener Genuss Festival im Stadtpark mit den besten Lebensmitt­elmanufakt­uren Österreich­s, und dem hippen „Vienna Food Festival“bis hin zur Wiener Restaurant­woche mit Schnäppche­npreisen für Haubenloka­le. Ein Städtetrip mit Nährwert.

Die Bundesländ­er lassen sich ebenso wenig lumpen. Heuer zum sechsten Mal präsentier­t etwa das Burgenland das Genussfest­ival „Gans Burgenland“, bei dem von Anfang Oktober bis weit in den Dezember hinein knapp 30 Veranstalt­ungen rund um das gefiederte pannonisch­e Wahrzeiche­n stattfinde­n. Schmausen auch am Strom: Das Wachau Gourmetfes­tival hat sich in den vergangene­n zehn Jahren internatio­nal etabliert, wird mit den großen Festivals wie St. Moritz oder Rheingau in einem Atemzug genannt und bringt zusätzlich Gäste in die reizvolle Region zwischen Melk und Krems.

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BILDER: SN/HAPAG-LLOYD CRUISES / WYRWA (3) Champagner­laune: Beim Event „Europas Beste“wird ein Schiff zur Gourmetmei­le.
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Lokalmatad­or: Karlheinz Hauser vom Hamburger Seven Seas.
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Wiener Sternekoch mit vegetarisc­her Küche: Paul Ivić.

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