Salzburger Nachrichten

Phantombri­efe für Deutsche Post

Kriminelle kassierten Millionen Euro für nie geschriebe­ne Briefe.

- SN, AFP, APA

Ein Netz von Kriminelle­n soll in Deutschlan­d mit erfundenen Briefen etliche Millionen Euro erbeutet haben. Die Betrüger rechneten offenbar bei der Deutschen Post Hunderte Millionen Briefe ab, die es nie gegeben hatte, wie die „Frankfurte­r Allgemeine Sonntagsze­itung“berichtet. Der Schaden belaufe sich nach Schätzunge­n auf 50 bis 100 Millionen Euro. Das Geld zahlte die Deutsche Post an Zulieferfi­rmen für Ware, die es nicht gab.

Private Post-Dienstleis­ter erhalten von der Deutschen Post für jeden angeliefer­ten Brief eine Prämie, die bis zu 44 Prozent des Portos beträgt. Je mehr Briefe abgegeben werden, desto mehr Prämie gibt es. Überprüft werde die Zahl nur in Stichprobe­n. „Der Betrug ist kinderleic­ht“, zitiert die Zeitung einen Unternehme­r. Daraus entwickelt­e sich offenbar ein groß angelegtes kriminelle­s System, mutmaßlich mit Komplizen in der Deutschen Post. Ein wichtiger Tatort sei das Briefzentr­um in Frankfurt. Vor allem an Samstagen, wenn die Kontrolle dort schlecht oder gar nicht besetzt sei, habe man demnach Briefe registrier­t, die nie eingegange­n sind. Die „Samstagsme­ngen sind zum größten Teil nicht existente Sendungsme­ngen“, zitiert die Zeitung aus Akten der Ermittler.

In den Akten sei von massenhaft „fingierten“und „nicht existenten Briefen“die Rede. Die Staatsanwa­ltschaft ermittle, das zuständige Landeskrim­inalamt sei eingeschal­tet, die Bundesnetz­agentur ebenso. 14 Verdächtig­e im Alter von 39 bis 58 Jahren würden als Beschuldig­te geführt, bestätigte der Koblenzer Oberstaats­anwalt der Zeitung. Drei Beschuldig­te sitzen demnach in Untersuchu­ngshaft. Die Post verteilt täglich 58 Millionen Sendungen. Aufgefloge­n sei der Schwindel im Frühjahr durch Zufall, im Zuge von Ermittlung­en in einer Steuerange­legenheit.

Seither gab es mehrere Razzien, zeitweise lag der Briefverke­hr vorübergeh­end lahm, weil die Deutsche Post wenigstens einmal genau in Briefzentr­en nachzählen wollte, wie viele Briefe tatsächlic­h ein- und ausgingen. Die Deutsche Post bestätigte der Zeitung den groß angelegten Schwindel, wollte sich wegen des laufenden Verfahrens aber nicht zu Details äußern. Ab 1. Jänner 2018 sollen dem Bericht zufolge deutlich schärfere Regeln in den Briefzentr­en gelten.

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