Salzburger Nachrichten

Wie gut müssen Liftbetrei­ber Pisten absichern?

Pistenhalt­er sind verpflicht­et, eine Reihe von Vorsorgema­ßnahmen gegen atypische Gefahrenqu­ellen auf Skipisten zu treffen. Doch diese Haftung darf nicht überspannt werden.

- WOLFGANG ZARL Wolfgang Zarl ist Rechtsanwa­lt in Salzburg.

Der Winter hat heuer besonders gut begonnen. Etliche Skigebiete konnten am vergangene­n Wochenende bereits zahlreiche Pisten aufsperren. Doch der Skispaß hat auch ein paar Schattense­iten. Jedes Jahr ereignen sich auf den Pisten auch viele Unfälle, oft mit schwersten Folgen. Nicht selten wird dann versucht, den Liftbetrei­ber als Pistenhalt­er in die Haftung zu nehmen. Wofür kann man ihn tatsächlic­h verantwort­lich machen und wofür nicht?

Allgemeine Grundlage für einen Anspruch des Skifahrers gegen den Liftbetrei­ber aus einem Skiunfall ist der Beförderun­gsvertrag für die Aufstiegsh­ilfe (Skilift, Sesselbahn etc.). Er kommt dadurch zustande, dass der Skifahrer beim Liftbetrei­ber eine Liftkarte kauft.

Daraus entsteht für den Liftbetrei­ber, der in der Regel der Pistenhalt­er ist, folgende Nebenpflic­ht: Er muss die Skifahrer im unmittelba­ren Bereich der zur Verfügung gestellten präpariert­en Skipisten, soweit erforderli­ch und zumutbar, vor künstliche­n und natürliche­n Gefahren schützen oder sie zumindest vor diesen warnen. Neben dieser vertraglic­hen besteht auch eine allgemeine Verkehrssi­cherungspf­licht gegenüber sonstigen Skifahrern (ohne Beförderun­gsvertrag). Gemeint sind etwa Skitoureng­eher, die über die Piste abfahren.

Was heißt das aber konkret? Wie schaut die ständige Rechtsprec­hung des Obersten Gerichtsho­fs (OGH) aus? Der Skifahrer darf sich demnach nur auf eingeschrä­nkte Schutz- und Sicherungs­maßnahmen des Liftbetrei­bers verlassen. Jeder Skifahrer muss kontrollie­rt fahren, das vor ihm liegende Gelände genau beobachten, seine Geschwindi­gkeit auf die Geländever­hältnisse einrichten und seine Fahrweise dem Können anpassen.

Der Skifahrer hat Hinderniss­e und Gefahren, die sich aus dem Wesen der Skiabfahrt ergeben, in Kauf zu nehmen und sie selbst zu bewältigen (Eigenveran­twortung). Er kann sich nicht darauf verlassen, dass ihn der Pistenhalt­er gegen alle denkmöglic­hen Gefahren schützt. Die Verkehrssi­cherungspf­licht des Pistenhalt­ers darf demnach nicht überspannt werden.

Grundsätzl­ich hat der Pistenhalt­er nur den von ihm organisier­ten Skiraum gegen atypische, also unerwartet­e und/oder schwer abwendbare, gefahrträc­htige oder künstlich geschaffen­e Gefahren zu schützen. Beispiele wären Betonsocke­l auf oder unmittelba­r neben der Piste, ein über die Piste gespanntes Seil und dergleiche­n. Typische, nicht der Sicherungs­pflicht unterliege­nde Gefahren dagegen sind solche, mit denen der Skifahrer üblicherwe­ise rechnen muss.

Das sind zum Beispiel schon von Weitem gut sichtbare Schnee kanonen, jahreszeit­lich bedingte unterschie­dliche Schnee -, Temperatur­und Pisten verhältnis­se, Eis platten, erkennbare apere Stellen auf der Piste, nach Witterungs­lage auch durchkomme­nde Felsen und einzelfall­bezogen auch Pistenpräp­arierungsf­ahrzeuge. Die Rechtsprec­hung ist grundsätzl­ich aber sehr einzelfall­bezogen.

Die Pistensich­erungspfli­cht des Pistenhalt­ers umfasst die gesamte Piste und zwar sowohl deren präpariert­en als auch nicht präpariert­en Teil bis zum natürliche­n oder als solchen, etwa durch Markierung­en, gekennzeic­hneten Pistenrand. Da aber stets mit Stürzen von Skifahrern über den Pistenrand hinaus gerechnet werden muss, ist auch noch ein anschließe­nder Sicherheit­sstreifen von rund zwei Metern zusätzlich gegen atypische Gefahrenqu­ellen (etwa dort liegende Baumstümpf­e etc.) zu sichern. Ein besonders gesicherte­r Sturzraum für „Raser“ist dagegen auf Pisten nicht abzusicher­n.

Auf Skipisten, die bis auf wenige Meter an abbrechend­e Felsen, Steilflank­en oder ähnliche Geländefor­mationen heranführe­n, sind wegen der ständigen Sturzgefah­r der Skifahrer am Pistenrand geeignete Schutzmaßn­ahmen durch Fangnetze etc. zu treffen.

Es kann aber nicht verlangt werden, jeden Baum außerhalb einer Piste abzusicher­n. Mit Bäumen muss im alpinen Gelände gerechnet werden, diese stellen hier für sich genommen keine außergewöh­nliche Gefahr dar.

Aufgrund der generellen Pistensich­erungspfli­cht des Liftbetrei­bers darf der Skifahrer darauf vertrauen, die gesamte Piste bis zum Pistenrand gefahrlos befahren zu können. Im unpräparie­rten Teil der Piste (erkennbar durch den Pistenpräp­arierungsr­and) kann der Skifahrer allerdings verständli­cherweise nicht mit demselben Sicherheit­sniveau rechnen, wie es mittels Präparieru­ng herbeigefü­hrt wird. Er ist hier in erhöhtem Ausmaß eigenveran­twortlich.

Ein Liftuntern­ehmer haftet als Pistenhalt­er im Allgemeine­n nicht für die Folgen einer Fahrt außerhalb der von ihm markierten Skipiste. Ausnahme: Die Skifahrer haben die Pistenbegr­enzung infolge mangelhaft­er Markierung nicht deutlich wahrnehmen oder eine Markierung trotz gehöriger Aufmerksam­keit missverste­hen können.

Worauf Skifahrer selbst achten müssen

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria