Die Ehre Ferdinand Sauters ist zu retten
Der Schriftsteller Ludwig Laher rückt den Ruf des österreichischen Vormärz-Dichters zurecht.
„Waren das nachlässig gebundene Halstuch, der abgewetzte Rock, Schuhe mit abgelaufenen Absätzen und dergleichen mehr tatsächlich ein solches Ärgernis für seine Umgebung?“Mit dieser Frage tritt der Schriftsteller Ludwig Laher an, seinem Kollegen Ferdinand Sauter die Ehre zu retten.
Sauter wie der Bogen? Ja, der Name hat mit dem Salzburger Sauterbogen zu tun – jenem Tunnel durch ein Haus in der Dreifaltigkeitsgasse, zwischen Linzergasse und Makartplatz. Der Bogen heißt allerdings nach dem Mediziner und Botaniker Anton Eleutherius Sauter. Ferdinand war dessen Bruder. Die Eltern waren Ludwig Laher zufolge eine Bierbrauerstochter aus Tittmoning und ein Landrichter aus Mattsee, der als Bub das Fideln bei Leopold Mozart gelernt hatte.
Anders als der später in Zell am See, Mittersill und Salzburg wirkende Arzt und Wissenschafter verließ Ferdinand Sauter noch vor der Matura Salzburg, ging erst als Handelsgehilfe nach Wels, dann nach Wien und begann dort als Kommis im Pachnerschen Papiergewölbe unter den Tuchlauben seine Erwerbstätigkeit. Zuletzt, bevor er 1854 fünfzigjährig sterben sollte, arbeitete er für die niederösterreichische Assecuranz-Gesellschaft.
Ludwig Laher hat nun ausgewählte Dichtungen Ferdinand Sauters ediert, nachdem er sich für den biografischen Roman „Aufgeklappt“ mit dessen Leben und Werk auseinandergesetzt hatte (erschienen 2003 im Haymon Verlag). Ihm geht es dabei um Würdigung im doppelten Sinn: zum einen das Bekanntmachen eines typisch österreichischen Literaten der Generation von Johann Nestroy, Nikolaus Lenau und Adalbert Stifter, zum anderen das Zurechtrücken jener „Irrtümer, Missverständnisse und Umdeutungen“, deretwegen Biografen und Germanisten Ferdinand Sauter als verpfuschte Existenz, als verkommenen Dichter, Narr oder Sonderling hingestellt haben. Nichts spreche für den „gebetsmühlenartig wiederholten Totalabsturz des Ferdinand Sauter zum Vagabunden in seinen letzten Lebensjahren, für die behauptete völlige Verwahrlosung“, stellt Laher klar. Vielmehr lobt er dessen „radikale Direktheit“und „ungewöhnliche Offenheit“– „weil er sich in seinen besten Arbeiten ohne plüschige Verbrämung und routiniertes Wortgeklingel radikal der Wirklichkeit stellt“.
Dank dieser Direktheit vermittelt Sauter inniges Glück wie Vaterfreuden am „Kindlein in der Wiege“oder den Besuch Nikolaus Lenaus, als er trostlos in Hallstadt im Krankenbett lag, oder Gemütlichkeit im Kaffeehaus: „Herrlich ist es, Mokka schlürfen/Und sich etwas denken dürfen,/In der Hand ein Zeitungsblatt;/Aus des glühnden Knasters Qualme/Steigt des innern Friedens Palme/Dem, der nicht Europa-satt.“
Doch verhehlt er auch nicht, wenn er trauert, zürnt oder hadert – dass er keine Lebenspartnerin gefunden hat, über die politischen Umstände im Vormärz, über den ungeliebten Brotberuf. Ferdinand Sauter ist einer der wenigen Klarsichtigen, die sich eine Grabinschrift verfasst haben – die seinige ist eines seiner bekanntesten Gedichte, mit klugen Zeilen wie: „Frag nicht nach der Zahl der Jahre,/Kein Kalender ist die Bahre,/Und der Mensch im Leichentuch/Bleibt ein zugeklapptes Buch.“