Griechenland wird Chinas Tor zu Europa
China investiert Milliarden in Süd- und Osteuropa. Im Rest der EU steigt das Misstrauen.
ATHEN. Li Keqiang gab sich edel. „Unser Ziel ist es, ein florierendes Europa zu sehen“, sagte der chinesische Ministerpräsident diese Woche in Budapest. Dort konferierte er mit 16 mittel- und osteuropäischen Regierungschefs, davon elf aus EU-Ländern.
Es war bereits das fünfte Treffen in dem Kreis seit 2012. Rund drei Milliarden Euro will die China Development Bank für Infrastrukturprojekte in Osteuropa bereitstellen. Die Investitionen sind für die betroffenen Länder eine Chance. Zugleich sind sie aber nicht uneigennützig.
Das zeigt das Beispiel Griechenland. Das Land rutschte vor acht Jahren in die längste und tiefste Rezession, die ein europäischer Staat in Friedenszeiten durchmachte. Aber am Hafen von Piräus war davon nicht viel zu spüren. Hier ereignete sich ein kleines Wirtschaftswunder, seit der staatliche chinesische Logistikkonzern China Ocean Shipping Company (Cosco) Ende 2008 mit der damaligen konservativen Regierung einen Pachtvertrag über den Betrieb eines Containerterminals abschloss. 2009 wurden dort noch 166.000 Containereinheiten umgeschlagen, 2016 waren es bereits 3,5 Millionen.
Inzwischen übernahm Cosco 51 Prozent an der Hafengesellschaft von Piräus (OLP). 300 Millionen Euro will Cosco investieren, um Piräus beim Containerumschlag zur Nummer eins im Mittelmeer zu machen. Das gibt der von hoher Arbeitslosigkeit geplagten Region Hoffnung. Auch Premier Alexis Tsipras, der als Oppositionsführer das Projekt bekämpfte, wirbt jetzt um weitere chinesische Investitionen.
2014 bezeichnete Li Keqiang Griechenland bereits als „Tor nach Europa“. Das Hafenprojekt ist Teil eines größeren Plans der Chinesen: Sie wollen Piräus als Drehscheibe des Containerverkehrs zwischen Asien und Europa nutzen und Handelswege für ihre Waren öffnen. Stichwort: die neue Seidenstraße.
Neben dem Verkehr liegt ein Schwerpunkt auf dem Energiesektor. 2016 übernahm die chinesische State Grid Corporation 24 Prozent des griechischen Netzbetreibers ADMIE. Dessen Teilprivatisierung gehörte zu den Auflagen, die Griechenland im Gegenzug zum Eurorettungspaket umsetzen musste. Ausgerechnet die Eurokrise hat also den Chinesen die Tür geöffnet. Chinesische Investitionen und Kredite in Griechenland belaufen sich auf nahezu fünf Milliarden Euro.
In vielen EU-Staaten sieht man das kritisch. Deutschlands Außenminister Sigmar Gabriel etwa warnt vor einer Spaltung Europas. Er vermutet eine geopolitische, ökonomische, kulturelle und womöglich militärische Strategie Chinas.