Pflegen oder arbeiten? Oder beides?
Die Anforderungen an Pflege und Betreuung in der Familie steigen ständig. In der Vortragsreihe „Mein Recht“zeigen die SN am 14. Dezember mit der Arbeiterkammer alle Möglichkeiten auf, die es im Bereich Pflege für Arbeitnehmer gibt.
Die Menschen werden älter, Familienstrukturen ändern sich. Der Bedarf an Pflege und Betreuung wird in den nächsten Jahren und Jahrzehnten steigen. Gibt es einen Pflegefall in der Familie, stehen die Angehörigen genauso vor großen Herausforderungen wie die Betroffenen selbst. Denn Pflege ist teuer, ein Pflegeheimplatz oder professionelle Betreuung sind nicht immer leicht zu bekommen. Oft müssen Angehörige einspringen und die Pflege übernehmen. Das kostet nicht nur Geld, sondern auch Zeit. Wer arbeitet, kann diese nur schwer aufbringen. Es gibt spezielle Leistungen und Angebote für Angehörige: Sie helfen, Pflege und Erwerbstätigkeit zu koordinieren. Und sie unterstützen dabei, abgesichert zu sein, wenn beides nebeneinander doch nicht mehr gelingt.
In der neuen SN-Vortragsreihe „Mein Recht“werden die Expertinnen der Arbeiterkammer Salzburg, Sarah Baier und Eva Stöckl, alle Möglichkeiten aufzeigen, die sich im Bereich Pflege für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bieten. Im Anschluss an die Vorträge gibt es auch die Möglichkeit, Fragen zu stellen. Termin: 14. Dezember, 19 Uhr, SN-Saal, Karolingerstraße 40.
Zu den besonders brennenden Fragen gehört dabei: Welche Sicherheiten gibt es im Pflegefall? Muss ich meinen Job für die Pflege aufgeben? Gibt es Möglichkeiten der Kombination von Beruf und Pflege? Welche Pflege- und Betreuungsmöglichkeiten gibt es und wie kann ich sie finanzieren? Im Folgenden ein knapper Überblick.
1.
Das Pflegegeld steht grundsätzlich nicht den Angehörigen, sondern der pflegebedürftigen Person zu. Es ist aber zur teilweisen Deckung der Pflegekosten und damit auch für die Pflege durch nahe Angehörige gedacht. Sehr wichtig ist also, dass Pflegegeld beantragt und in ausreichender Höhe gewährt wird. Viele weitere Leistungen hängen von der gewährten Pflegestufe ab. Zumindest Stufe 3 benötigt man zum Beispiel für einen Platz in einem Seniorenpflegeheim, für kostenlose Versicherungsmöglichkeiten oder auch die Möglichkeit zur Pflegekarenz für Angehörige.
2.
Pflegegeld gibt es in 7 Stufen. Für Stufe 1 erhält man 157,30 Euro. Für Stufe 7 gibt es 1688,90 Euro. Die Pflegestufe hängt davon ab, wie viel Hilfe der oder die zu Pflegende bei alltäglichen Verrichtungen braucht. Dazu zählen das An- und Ausziehen, das Zubereiten von Mahlzeiten oder auch die tägliche Körperpflege. In den meisten Fällen wird Pflegegeld im Bereich der Stufe 1 bis 3 gewährt.
3.
Wer selbst pflegt oder die Pflege organisieren muss, kann dafür mit dem Arbeitgeber schriftlich eine Pflegekarenz vereinbaren. Sie kann bis zu drei Monate dauern. Während dieser Zeit kann die Arbeitnehmerin bzw. der Arbeitnehmer Pflegekarenzgeld beim Sozialministeriumservice beantragen. Die Höhe entspricht dem Arbeitslosengeld. Voraussetzung: Die Person, die gepflegt werden soll, bezieht zumindest Pflegegeld der Stufe 3. Bei Demenzkranken oder Minderjährigen reicht Stufe 1. Zum Zweck der Sterbebegleitung ist außerdem eine Familienhospizkarenz von bis zu sechs Monaten möglich. Einen Rechtsanspruch auf Pflegekarenz gibt es leider nicht.
Statt einer Karenz ist es auch möglich, die Arbeitszeit nur einzuschränken und Pflege- oder Familienhospizteilzeit zu vereinbaren. Auch in diesem Fall können Angehörige Pflegekarenzgeld beantragen – sie erhalten es dann anteilig.
4.
Wer seine Arbeit wegen der Pflege eines Angehörigen zurückschrauben muss, büßt Versicherungsschutz ein. Das bedeutet auch Verluste für die spätere Pension. Es gibt für pflegende Angehörige kostenlose Versicherungsmöglichkeiten in der Kranken- und Pensionsversicherung, um das abzufedern. Man muss die Arbeit nicht beenden, damit man sie in Anspruch nehmen kann. Eine Selbstversicherung in der Pensionsversicherung ist zum Beispiel schon dann möglich, wenn die Berufstätigkeit zu Pflegezwecken reduziert wird (bei erheblicher Beanspruchung der Arbeitskraft).
Wenn man die Arbeit ganz aufgeben muss, gibt es die Weiterversicherung in der Pensionsversicherung. Wer durch die Aufgabe seiner Beschäftigung aus der Krankenversicherung fällt, hat Möglichkeiten einer Selbst- oder Mitversicherung in diesem Versicherungszweig. Alle diese Möglichkeiten sind kostenlos. Voraussetzung ist in der Regel, dass die zu pflegende Person zumindest Pflegestufe 3 erhält.
5.
Es gibt unterschiedliche Pflege- und Betreuungsdienstleistungen und verschiedene finanzielle Förderungen. Die erste Entscheidung ist, ob die Pflege zu Hause, etwa durch eine Haushaltshilfe und Hauskrankenpflege oder 24-Stunden-Betreuung, erfolgen soll. Oder teilstationär in Tageszentren oder durch Kurzzeitpflege. Die dritte Möglichkeit ist eine Vollzeit-Pflegeeinrichtung. Professionelle Angebote wie die Haushaltshilfe und Hauskrankenpflege ermöglichen die individuell notwendige stundenweise Betreuung und Pflege. Sie können eine Pflege naher Angehöriger ersetzen oder sie ergänzen und entlasten.
6.
Entscheidet man sich für eine Pflegeeinrichtung und können die Kosten eines Seniorenpflegeheims nicht oder nicht zur Gänze selbst aus Pension und Pflegegeld bezahlt werden, dann übernimmt die Sozialhilfe die Restkosten. Ist das der Fall, dann bleiben der pflegebedürftigen Person ein Taschengeld von 20 Prozent der Pension (mindestens 168,89 Euro, höchstens 481,78 Euro), Sonderzahlungen (13. und 14. Pensionsbezug) sowie zusätzlich vom Pflegegeld 45,18 Euro pro Monat.
7.
Im Juni 2017 wurde der Pflegeregress abgeschafft. Das bedeutet, dass ab 1. Jänner 2018 nicht mehr auf das Vermögen von Personen, die stationär in Pflege sind, zugegriffen werden kann.
Das gilt ebenso für den Besitz von Angehörigen, Erbinnen und Erben sowie Geschenknehmerinnen und Geschenknehmern. Die Regelung gilt für jegliches Vermögen, etwa Immobilien, Bargeld, Sparbücher und Wohnungseigentum.
8.
Wer hat Anspruch auf Pflegegeld? Wie wird das Pflegegeld bemessen? Kann man als Angehöriger die Arbeit unterbrechen? Bleibt man versichert, wenn die Arbeit reduziert wird? Welche Pflegeangebote gibt es in Salzburg? Wie ist die Pflege in einem Seniorenheim finanzierbar? Was ist, wenn das Einkommen nicht reicht?
Personen, die ihren Lebensunterhalt oder den ihrer Angehörigen nicht selbst oder durch Leistungen Dritter bestreiten können, erhalten Bedarfsorientierte Mindestsicherung. Bei Alleinstehenden sind das 844,46 Euro netto pro Monat. Bei Paaren 1266,70 Euro netto pro Monat. Es gibt in diesen beiden Fällen keinen 13. oder 14. Bezug. Minderjährigen Kindern stehen allerdings 14 Mal jährlich 177,34 Euro netto pro Monat zu. 25 Prozent davon werden für Wohnkosten gewährt. Sind die tatsächlichen Wohnkosten höher, kann eine ergänzende Wohnbedarfshilfe beantragt werden.
Als Einkommen werden etwa Pensionen, Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe angerechnet. Das Vermögen darf 4222,30 Euro nicht übersteigen. Anspruch besteht auch dann, wenn man erwerbstätig ist. Muss etwa wegen der Pflege naher Angehöriger die Arbeit reduziert werden und ist der Lebensunterhalt nicht mehr gesichert, kann man Leistungen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung beziehen.
9.
Das Pflegegeld wird für die pflegebedürftige Person selbst nicht als Einkommen auf die Leistungen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung angerechnet. Anders ist es bei pflegenden Angehörigen: Arbeitsfähige Personen müssen grundsätzlich ihre Arbeitskraft einsetzen. Eine Ausnahme gibt es in der Mindestsicherung für pflegende Angehörige von Pflegegeldbezieherinnen und Pflegegeldbeziehern ab Pflegegeldstufe 3. Aber: Das Pflegegeld wird der pflegenden Person in diesem Fall als Einkommen angerechnet, wenn keine anderen pflegebedingten Mehraufwendungen (etwa Kosten für ergänzende Leistungen der Hauskrankenpflege) geltend gemacht werden.
Ist das Pflegegeld ein Einkommen?