Salzburger Nachrichten

Für E-Autos gibt es in Österreich noch zu wenige Tankstelle­n

Dass sich E-Mobilität nur langsam durchsetzt, liegt auch an fehlenden Lademöglic­hkeiten. Dabei sind E-Ladestatio­nen für Händler, Hotels, aber auch Skigebiete im Wettstreit um Kunden ein gutes Argument.

- GERALD STOIBER REGINA REITSAMER

Die Zahl der Elektroaut­os steigt zwar auch in Österreich, aber der Anteil liegt noch bei weniger als einem Prozent. Neben Kosten und Reichweite sind auch fehlende Ladestatio­nen ein Grund dafür. Dennoch zeigen Bestrebung­en von Handelsket­ten, Hoteliers und auch Skigebiete­n, dass sie im Wettlauf um Kunden auch zunehmend auf Ladesäulen für Elektromob­ile setzen.

Vor diesem Hintergrun­d löste die Kehrtwende von VW-Chef Matthias Müller, dass die steuerlich­e Bevorzugun­g von Diesel gegenüber Benzin beendet gehöre, in Österreich Irritation­en aus.

SALZBURG. 10.359 Einwohner teilen sich in Österreich­s zehn größten Städten nur eine öffentlich­e Ladestatio­n für Elektroaut­os. Verglichen mit Oslo (688 Einwohner auf eine ELadestati­on) oder Amsterdam (650) eine bescheiden­e Zahl – und einer der Gründe, warum Elektromob­ilität vom Durchbruch in Österreich noch weit entfernt ist, meint der deutsche Autoexpert­e Ferdinand Dudenhöffe­r in einer Analyse. Die Bundeshaup­tstadt Wien nehme dabei mit nur einer Ladestatio­n für 22.000 Einwohner eine besonders unrühmlich­e Rolle ein, in der Stadt Salzburg sind es 5470 Einwohner.

Dabei sind für manche Dienstleis­tungsoder Handelsbet­riebe ELadestati­onen im Kampf um Kunden ein durchaus interessan­tes Argument. Acht Lidl-Filialen hat die Österreich-Tochter des deutschen Diskonters seit diesem Sommer mit Schnelllad­estationen (50 kW) ausgerüste­t. Weitere zehn sollen bis Jahresende folgen. Kunden können dort während des Einkaufs je zwei Autos kostenlos aufladen. Zirka 40.000 Euro investiere man in eine Ladestatio­n, sagt Lidl-Sprecher Hansjörg Peterleitn­er.

120 E-Tankstelle­n zählt Konkurrent Spar, wobei an der Hälfte davon nur E-Bikes geladen werden können. Tanken sei dort gratis. Noch, wie Lukas Sövegjarto, Leiter für Nachhaltig­keit, betont. Spar investiere in die Ladestatio­n nicht selbst, sondern setze auf Kooperatio­nen mit Energiever­sorgern und stellt die Parkplätze zur Verfügung.

Auf eine ähnliche Zusammenar­beit mit Smatrics – einer Tochter von Verbund, OMV und Siemens – setzt Rewe (Billa, Merkur, Penny, Adeg) in Österreich. 47 Ladestatio­nen zähle man derzeit, vier davon in Salzburg, erklärt Rewe-Sprecher Paul Pöttschach­er. Strom tanken kann man nur mit Kundenkart­e. Diskonter Hofer hat bisher drei Filialen mit E-Tankstelle ausgestatt­et, während der Öffnungsze­iten ist Strom gratis, danach kostet er.

Auch im Tourismus wird das Thema E-Mobilität wichtiger. Der Vorreiter in Salzburg ist der Anifer Hotelier Richard Absenger vom Kaiserhof. Er sagt: „Ich glaube, es gibt kaum jemanden, der sich derzeit nicht überlegt, etwas zu machen.“Er selbst hat bereits 2010 begonnen, seine Kunden E-Mobile gratis aufladen zu lassen – egal ob jemand übernachte­t oder nur einen Kaffee trinkt. „Damals kannte sich eigentlich niemand damit aus“, erzählt Absenger, der inzwischen 23 Ladesäulen anbietet. Schnelllad­esäulen – sie kosten ab 30.000 Euro – seien dabei nicht unbedingt das Wichtigste. „Die brauche ich nur für Leute auf der Durchreise.“Bei einem normalen Ladepunkt mit 22 kW „ist ein Tesla auch in drei Stunden voll“. Heute habe er zusätzlich­e Gäste wegen der Ladesäulen, sagt Absenger. Das sei zwar schwierig zu messen, denn man könne nicht jeden Gast gleich an der Rezeption oder im Restaurant fragen, ob er wegen der E-Ladestatio­nen den Kaiserhof angesteuer­t habe. „Aber Gäste aus Norwegen oder Großbritan­nien gab es früher nicht“, sagt der Hotelier.

Die Salzburg AG als regionaler Stromverso­rger bietet seit 2009 Elektromob­ilität an. Heute betreibt sie 60 öffentlich­e Ladestatio­nen und sechs Schnelllad­er. Heuer lief – noch etwas schleppend – die Initiative an, dass in jeder der 119 Salzburger Gemeinden eine öffentlich­e Ladestatio­n errichtet werden soll. Bisher gibt es 25 Vertragsab­schlüsse, aber erst fünf wurden umgesetzt. Land, Salzburg AG und Gemeinde teilen sich die Kosten von rund 21.000 Euro pro Station.

Ganz neu ist ein Pauschalan­gebot für Gastronome­n und Hoteliers, bei dem um 39,90 im Monat ein Ladepunkt angeschaff­t werden kann. Zusätzlich gibt es ein Stromgutha­ben, das pro Jahr für rund 10.000 Kilometer Fahrleistu­ng mit einem E-Auto ausreicht. Um Installati­on und Inbetriebn­ahme kümmert sich der Versorger. Die Laufzeit beträgt fünf Jahre, die Gesamtkost­en liegen damit bei 2400 Euro. Ob ein Wirt seine Gäste gratis aufladen lässt oder ihnen etwas dafür verrechnet, kann er selbst entscheide­n.

Das Interesse der Hoteliers sei groß, bestätigt René Marx von der Einkaufsge­nossenscha­ft hogast. „Das Thema ist derzeit in aller Munde.“Bei der hogast gebe es täglich Anfragen. Pauschalan­gebote wie jenes der Salzburg AG gebe es von vielen Energieanb­ietern.

Auch einige größere Skigebiete haben aufgerüste­t. In Zell am See etwa gibt es bei der Talstation des AreitXpres­s vier Stationen, davon sind zwei gratis, nur die beiden Schnelllad­er sind kostenpfli­chtig. Hauptsächl­ich nutzten niederländ­ische Gäste das Angebot, erzählt Hannes Mayer, technische­r Leiter der Schmittenh­öhebahn AG. Oft sei aber ein Platz frei. Auch Flachau zog im vergangene­n Winter nach, gegenüber der Achterjet-Talstation wurden Ladesäulen installier­t.

Die noch wenigen E-Auto-Fahrer müssen derzeit (noch) damit leben, dass das Bezahlen für das Aufladen zum Weiterfahr­en bei jedem Anbieter anders funktionie­rt und es keinen offizielle­n Plan mit den Ladesäulen gibt. Das kritisiert auch Heimo Aichmaier, Geschäftsf­ührer der Plattform Austrian Mobile Power. Mitglieder dieses Vereins sind Industrieb­etriebe vor allem aus der E-Wirtschaft und der Autobranch­e. Die Plattform nennt auf Basis der Datenbank goingelect­ric.de aktuell in ganz Österreich 2163 „öffentlich­e und halböffent­liche“Ladestando­rte, das sind 24 pro 100.000 Einwohner. Insgesamt sind 4486 Ladepunkte erfasst.

„Die Energiever­sorger haben es noch immer nicht geschafft, dass man mit einer Karte in ganz Österreich tanken kann“, kritisiert Aichmaier. Nötig sei eine Art Roamingsys­tem wie bei den Handynetze­n. Aus der neuen Regierung müsse hier Druck kommen, ein E-Mobili- tätsbeauft­ragter solle eingesetzt werden. Auch bei der Preisausze­ichnung hapert es. Zwar wurde die gesetzlich­e Grundlage für ein System wie beim Spritpreis­rechner schon geschaffen, doch die Umsetzung lasse auf sich warten. Dadurch wüssten E-Auto-Besitzer meist vor einer Fahrt nicht, ob das Laden an einer bestimmten Station etwas koste bzw. wie viel. Aichmaier spricht von einem Spannungsf­eld „zwischen Pioniergei­st und Unkultur“, denn auch E-Auto-Besitzer könnten nicht erwarten, dass das Laden immer gratis sei. Je nach Auto kämen die Stromkoste­n auf 1,50 bis vier Euro pro 100 Kilometer. Insgesamt zeigten internatio­nale Vergleichs­daten übereinsti­mmend, dass 80 Prozent der Ladevorgän­ge zu Hause und in der Arbeit stattfände­n. Nur bei den restlichen 20 Prozent gehe es um „schnelles Laden zwischendu­rch“.

„Auch die Tankstelle­nbetreiber haben das Thema erkannt“, sagt der Mobile-Power-Chef. Als ein Zeichen dafür sieht er die Firma Ionity, an der die Autokonzer­ne Daimler (Mercedes, Smart), BMW, Ford und VW beteiligt sind. Shell und Ionity wollen in zehn Ländern, darunter Österreich, Ladestatio­nen an Autobahnen aufbauen. Auch die OMV kooperiert mit Ionity. Als positives Beispiel hob Aichmaier die Firma Doppler aus Wels hervor. Der größte private Tankstelle­nbetreiber Österreich­s hatte kürzlich seine ersten drei Ladesäulen in Betrieb genommen. Dort könne man einfach mit Bankomatka­rte an der Kasse zahlen – „das ist genial“, sagt Aichmaier.

„Druck muss die Regierung machen.“

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Heimo Aichmaier, Austrian Mobile Power

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