Salzburger Nachrichten

Diese Koalition ist vorläufig ein Ponyhof

Was Kurz und Strache mit dem Wettlauf zum Südpol und Hermann Maier zu tun haben.

- WWW.SN.AT/PURGER Alexander Purger

Erinnern Sie sich noch an den Wettlauf zum Südpol? Nein, nicht an den von Scott und Amundsen. Den mit Hermann Maier.

Im Jahr 2010 schickten ORF und ZDF je eine österreich­ische und eine deutsche Prominente­n-Mannschaft auf einen mehr als 2000 Kilometer langen Marsch zum Südpol. Das österreich­ische Team unter Hermann Maier konnte sich entscheide­nd absetzen, als es nach einer kurzen, eisigen Rast um Stunden früher aufbrach als die Deutschen.

Zum Abschied hinterließ­en die Österreich­er ihren Konkurrent­en einen Zettel. Diese Botschaft sollte der Psyche der Deutschen, die den Wettlauf zum Pol dann auch klar verloren, den entscheide­nden Knacks versetzen. Denn auf dem Papierl stand sarkastisc­h-schlicht: „Das Leben ist kein Ponyhof.“

Seither weiß man, was kein Ponyhof ist. Nämlich eines windigen Morgens bei minus 40 Grad in der Antarktis zu stehen und zu wissen, dass die Konkurrenz längst davongesta­pft und auf Nimmerwied­ereinholen verschwund­en ist. Nein, das ist kein Ponyhof.

Die umgekehrte Frage wurde allerdings nicht beantworte­t. Was ist ein Ponyhof? Wie müsste eine Situation beschaffen sein, in der man selig und voller Inbrunst „Ja, das Leben ist ein Ponyhof!“ausrufen würde?

Lange, allzu lange wurden wir hinsichtli­ch dieser Frage im Dunkeln gelassen. Aber jetzt weiß man es endlich. Koalitions­verhandlun­gen zwischen Sebastian Kurz und Heinz-Christian Strache – das ist ein Ponyhof!

Wenn die beiden einträchti­g nebeneinan­derstehen und sich brüderlich die Verkündigu­ng ihrer Überschrif­ten-Sammlung aufteilen, drängt sich unweigerli­ch das Bild einer zart gewellten Landschaft im Sonnenglas­t auf. Darin steht ein niedliches Backsteinh­aus mit satten grünen Wiesen rundherum, und auf den Wiesen grasen putzige Pferdchen mit rosa Schlei- fen in der Mähne. Kurzum: ein Ponyhof. Ganz im Unterschie­d zu den letzten rot-schwarzen Koalitions­verhandlun­gen. Die glichen ja eher einer Stierkampf­arena.

Aber sind Ponys immer so lieb? Eine Anekdote aus der Praxis des Arztes und Schriftste­llers Arthur Schnitzler sagt das Gegenteil: Das spärlich bekleidete Söhnchen eines Wiener Industriel­len war beim Spielen im Garten eingenickt und wurde im Schlaf vom hauseigene­n Pony in einen unaussprec­hlichen Teil des männlichen Körpers gebissen. Als man den verletzten Knaben zu Schnitzler brachte, ordnete dieser an: „Den Buben sofort ins Spital. Und das Pony zum Dr. Freud.“

Ponys können also offenbar auch ganz schön gemein und bissig sein. Auch diese Facette des Ponyhofs wird wohl noch zu erleben sein. Aber erst nach Weihnachte­n.

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