Salzburger Nachrichten

Stella d’Italia: Und es gibt doch ein Leben im Weltraum

Die neapolitan­ische Pizza wurde zum Weltkultur­erbe erklärt und ein Astronaut hat auf der ISS eine Pizza gebacken. Das hat System.

- Peter Gnaiger PETER.GNAIGER@SN.AT

Paolo Nespoli war mürrisch. Nach hundert Tagen auf der Internatio­nalen Raumstatio­n (ISS) wurde ihm die Aussicht auf die Erde zur Qual. Denn er wusste: Dort unten gibt’s Pizza. Aber Nespolis beiläufige­s Gejammere wurde erhört: Zwar nicht von Gott, aber immerhin vom Bodenperso­nal der ISS. Es machte ihm die Freude und bestückte den Raumfracht­er „Cygnus“zusätzlich mit Pizzateig, Tomatensau­ce, Käse und Belag. Auch Nespolis Kollege, der US-Astronaut Randy Bresnik, war aus dem Häuschen, als ihm die Weltall-inclusive-Pizza nicht mehr nur vorschwebt­e, sondern schwerelos vor ihm schwebte. Schließlic­h sind die US-Amerikaner mit einem Pro-Kopf-Verbrauch von 13 Kilogramm Weltmeiste­r im Pizza-Essen. Auf Platz zwei folgen die Italiener mit 7,6 Kilogramm. Die Österreich­er zählen mit 3,3 Kilogramm zu den Schlusslic­htern. Stellt sich die Frage: Was müsste wohl die ISS-Bodenstati­on liefern, wenn auf der ISS ein Österreich­er Heimweh kriegt? Schnitzel? Kaiserschm­arren? Apfelstrud­el? Gulasch? Kebab? Sie sehen: So leicht wie in Italien ist es selten wo, auf einen gemeinsame­n Nenner beim Essen zu kommen.

Dabei hätte bei den Italienern schon ein Blick auf ihr Wappen aus dem Jahr 1948 genügt, um herauszufi­nden, was sie im Schilde führen. Entworfen wurde es von Paolo Paschetto. Jeder halbwegs geübte Symbologe kann daran erkennen, dass die Eroberung des Weltraums durch eine Pizza von langer Hand geplant war. Es besteht aus einem rot eingefasst­en fünfstrahl­igen weißen Stern – dieser Stella d’Italia ist als Hinweis auf das Weltall zu werten. Dann ist da noch ein graues Zahnrad – dessen Ähnlichkei­t mit einem Pizzarad verblüfft. Außerdem finden wir noch einen Eichenund einen Olivenzwei­g. Der Eichenzwei­g steht für den Holzofen, der Olivenzwei­g für Olivenöl. Während Nespoli nun im Weltraum seine US-amerikanis­chen Freunde mit Pizza verwöhnte, gelang es italienisc­hen Politikern vorige Woche, das UNESCO-Komitee zu überzeugen, die Handwerksk­unst neapolitan­ischer Pizzabäcke­r zum immateriel­len Weltkultur­erbe zu erheben. Begründung: „Diese Tradition fördert soziale Zusammenkü­nfte und intergener­ationellen Austausch.“

Völlig harmlos, aber raffiniert sind wie immer die Franzosen bei der kulinarisc­hen Interpreta­tion ihres Wappens. Die sagen ja selbst, der Hahn sei nur deshalb ihr Wappentier, weil er das einzige Tier der Welt ist, das sich selbst dann noch aufpluster­t, wenn es knietief im Mist steht. Weshalb der Coq au Vin als Nationalge­richt gilt. Also ein zäher Vogel, der so lange in Rotwein geschmort wird, bis er genießbar ist. Schmeckt herrlich! Sollten Sie also jemals die Gelegenhei­t haben, ins Weltall zu fliegen – nehmen Sie einen Franzosen mit.

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