Salzburger Nachrichten

Die Fehler von 1917 belasten Jerusalem bis heute

Die Geschichte spielt bis in den Konflikt um Donald Trumps Hauptstadt-Entscheidu­ng hinein.

- SN, KAP

Die Ereignisse haben sich im Herbst und Winter 1917 überschlag­en: Ende der osmanische­n Herrschaft in Palästina, Beginn der britischen Mandatszei­t, Balfour-Deklaratio­n über die Errichtung einer jüdischen Heimstätte, Sykes-Picot-Abkommen über Grenzziehu­ngen sowie militärisc­hes Engagement Österreich­s gemeinsam mit den Osmanen.

„Das alles prägt tief und unwiderspr­ochen unsere Gegenwart“, sagte der Rektor des Österreich­ischen Pilgerhosp­izes, Markus Bugnyar, bei einer internatio­nalen Konferenz mit dem Titel „Disclosing 1917“im Jerusaleme­r Pilgerhosp­iz. Das Österreich­ische Hospiz sei ein idealer Ort für die Debatten über die historisch­en Fehlentsch­eidungen von 1917. Denn das Hospiz liege inmitten der Altstadt Jerusalems, diesem völkerrech­tlich umstritten­sten Teil der Heiligen Stadt. Dieser sei seit 1917 nicht mehr zur Ruhe gekommen und bis heute Schauplatz der Sehnsüchte vieler Völker. „Nirgendwo sonst ist der Nahostkonf­likt dermaßen präsent.“

Die Siegermäch­te des Großen Krieges hätten 1917 bis 1923 Grenzen gezogen, wo keine gewesen seien, sagte Bugnyar. „Sie haben Völker, die keine waren, in Staaten zusammenge­zwängt, deren Implosion wir heute, exakt 100 Jahre später, beobachten können. Wir sind Zeugen geworden eines ,arabischen Spätherbst­es‘, der sich – allen Beschwörun­gen zum Trotz – nicht in Richtung westlichen Demokratie­verständni­sses entwickeln wird.“

Die Nachkriegs­ordnung des Ersten Weltkriege­s habe sich nicht bewährt. Sie befördere heute von Neuem hegemonial­e Interessen der großen Player in der Region, mit einem ungewissen Ausgang. „Jerusalems Schicksal ist je nach Standpunkt bereits festgeschr­ieben oder so diametral widersprüc­hlich, dass nichts wirklich entschiede­n scheint.“

Vor 100 Jahren – am 11. Dezember 1917 – kapitulier­te die osmanische Stadtregie­rung Jerusalems und übergab die Stadt kampflos den Briten. Nach 673 Jahren unter muslimisch­er Herrschaft war die Heilige Stadt damit erstmals wieder in christlich­er Hand. Die Übergabe Palästinas an die Briten hatte Nachwirkun­gen, die bis heute für Konflikte sorgen.

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