Angriff auf Dieselprivileg irritiert in Österreich
Automobilisten verweisen auf die hohe Steuerbelastung, der Umweltminister schweigt.
SALZBURG. VW-Konzernchef Matthias Müller hat mit seinem Anstoß im „Handelsblatt“-Interview, die Steuervorteile für Diesel zu überdenken, für großes Erstaunen gesorgt – auch in Österreich. Denn hier war die VW-Konzerntochter Porsche Holding in Salzburg stets Verfechterin dafür, dass Diesel steuerlich gegenüber Benzin bevorzugt wird. In Österreich schlägt die Steuer pro Liter Benzin mit 48,2 Cent zu Buche, bei Diesel sind es 39,7 Cent. Der Unterschied beträgt 8,5 Cent (mit Mehrwertsteuer 10,2 Cent).
Hierzulande hatte Umwelt- und Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter (ÖVP) vor rund einem Jahr Proteste der Automobilwirtschaft provoziert, als er ebenfalls die steuerliche Bevorzugung für Diesel aus Umweltschutzgründen infrage gestellt hatte. Dass ihm nun akkurat der Chef des größten Autobauers Volkswagen zur Seite springt, indem er Geld lieber in umweltschonendere Antriebstechniken investiert sähe, quittierte Rupprechter mit Hinweis auf die Regierungsverhandlungen am Montag mit Stillschweigen.
Auch bei der Porsche Holding wollte man den eigenen Konzernchef kaum kommentieren. Nur so viel: Man brauche weiterhin dringend Dieselautos, um die CO2-Ziele zu erreichen, und würde sich daher keine höhere Dieselbesteuerung wünschen. Man habe aber Müller so auch nicht verstanden, heißt es bei der Konzerntochter in Salzburg. Man interpretiert hier Müller so, dass dieser lediglich ein Nachdenken für die Zukunft anregen wollte, wenn es mittelfristig mehr Elektroautos geben wird. Mit Stand Ende Oktober waren 56,6 Prozent der Autos in Österreich Dieselfahrzeuge, 0,3 Prozent Elektroautos und 42,4 Prozent Benziner. Eine Milliarde kommt von Tanktouristen
Klarer wurde der Autofahrerclub ÖAMTC. Von den rund vier Milliarden Euro, die der österreichische Finanzminister aus der Mineralölsteuer einnehme, komme eine Milliarde aus dem Tanktourismus, weil Diesel und Benzin in Österreich eben günstiger seien als in den Nachbarländern, rechnet Martin Grasslober, Leiter Verkehrswirtschaft und Konsumentenschutz beim ÖAMTC, vor. Ein großer Teil dieser Milliarde sei mit einer höheren Steuer für Diesel in Gefahr. Und bei der ohnehin hohen Gesamtbesteuerung in Österreich würde dieser Entfall den Steuerzahlern wieder zusätzlich aufgebrummt werden, warnt Grasslober. Er weist auch darauf hin, dass Elektroautos in Österreich bereits sehr stark gefördert würden, etwa mit der Vorsteuerabzugsberechtigung oder der Sachbezugsbefreiung.
Auch beim Arbeitskreis der Automobilimporteure ist man über Müllers Vorstoß „irritiert“und verweist darauf, dass die niedrigere Dieselsteuer nur im Zusammenhang mit der hohen Gesamtbesteuerung zu betrachten sei.