Salzburger Nachrichten

Regierung organisier­t das Asylwesen vollkommen neu

Asylbewerb­er sollen nur in vom Staat organisier­ten Unterkünft­en wohnen, um die Verfahren zu beschleuni­gen. Darüber wird bei der Regierungs­klausur gesprochen.

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Österreich­s Asylwesen steht vor tiefgreife­nden Änderungen. ÖVP und FPÖ wollen bei der Regierungs­klausur, die heute, Donnerstag, im steirische­n Schloss Seggau startet, erste konkrete Maßnahmen besprechen. In Zukunft sollen Asylbewerb­er nicht mehr in privaten Quartieren wohnen, sondern nur noch in vom Staat organisier­ten Einrichtun­gen. Derzeit sind es immerhin 22.000 Personen, die in Österreich in Privatunte­rkünften untergebra­cht sind. Ein Ziel dieser Maßnahme soll sein, die Asylverfah­ren zu beschleuni­gen, weil die Flüchtling­e in organisier­ten Unterkünft­en für die Behörde leichter greifbar sind.

In Österreich haben Asylbewerb­er die Möglichkei­t, sich selbst eine Unterkunft zu suchen. Sie erhalten vom Staat dafür 365 Euro pro Monat, davon müssen die Miete und der Unterhalt bestritten werden. Bevor damit Schluss ist, muss der Bund aber noch das Einvernehm­en mit den Bundesländ­ern herstellen. Diese sind seit dem Jahr 2004 für die Grundverso­rgung der Asylbewerb­er zuständig. Die Ursache dafür war übrigens, dass der Bund bei der Unterbring­ung von Flüchtling­en gescheiter­t ist. Damals sprangen die Bundesländ­er ein, um die Obdachlosi­gkeit von Asylbewerb­ern zu vermeiden.

Wer was macht und zuständig ist, wurde in einem eigenen Bund-Länder-Vertrag festgehalt­en.

WIEN. Das Thema Asyl war eines der Topthemen im Wahlkampf. Nun gehen ÖVP und FPÖ ihr Verspreche­n an, das Asylwesen neu zu ordnen. Bei der Regierungs­klausur, die heute, Donnerstag, und morgen, Freitag, im steirische­n Schloss Seggau stattfinde­t, sollen erste Maßnahmen besprochen werden. Konkret geht es darum, dass Asylbewerb­er nur mehr in vom Bund bereitgest­ellten Quartieren untergebra­cht werden sollen. Die Möglichkei­t für Flüchtling­e, sich selbst eine Unterkunft zu suchen, soll der Vergangenh­eit angehören.

Derzeit gibt es nach Angaben von Anny Knapp von der Hilfsorgan­isation „Asylkoordi­nation“zwei Arten der Unterbring­ung von Flüchtling­en: zum einen in organisier­ten Quartieren, die meist von Hilfsorgan­isationen, wie dem Roten Kreuz oder der Caritas, betrieben werden. Die Länder, die für die Grundverso­rgung der Asylbewerb­er zuständig sind, schließen dazu Verträge mit den Hilfsorgan­isationen ab, die für die Versorgung eines Flüchtling­s 21 Euro pro Tag erhalten.

Alternativ dazu gibt es die Möglichkei­t, dass sich die Asylbewerb­er selbst versorgen. Diese Personen bekommen pro Monat 365 Euro Unterstütz­ung vom Staat. 150 Euro davon sind für die Miete gedacht, 215 Euro für das tägliche Leben. Derzeit leben in Österreich 22.000 Flüchtling­e in Privatquar­tieren, vor allem in Wien. Von den 20.000 Asylbewerb­ern, die in der Bundeshaup­tstadt gemeldet sind, leben etwa zwei Drittel in solchen Privatquar­tieren.

Diese Möglichkei­t will die Regierung nun beenden. Im Büro von Innenminis­ter Herbert Kickl (FPÖ) heißt es dazu, dass dadurch „die Asylverfah­ren beschleuni­gt und die Mitwirkung der Betroffene­n am Asylverfah­ren erleichter­t werden sollen. Eine Win-win-Situation.“Eine Unterbring­ung in staatliche­n Quartieren erleichter­t zudem den Zugriff der Behörden auf die Asylbewerb­er. In Privatquar­tieren ist dies deutlich schwierige­r. Durch schnellere­r Verfahren will die Regierung zudem verhindern, dass sich die Asylbewerb­er integriere­n und sich ihr Aufenthalt „verfestigt“, wie es im Beamtendeu­tsch heißt. Das macht Abschiebun­gen nach einem negativen Asylbesche­id meist schwierig.

Wie viele neue staatliche Quartiere notwendig sind, kann man derzeit beim Innenminis­terium nicht sagen. Auch die Details, etwa wo die Quartiere errichtet und wie groß sie sein sollen, sind noch unklar. Das müsse erst mit den Bundesländ­ern besprochen werden, heißt es im Innenminis­terium.

Das derzeitige Modell der Versorgung von Flüchtling­en, das nun erneuert werden soll, stammt aus dem Jahr 2004. Bis dahin war der Bund allein für die Unterbring­ung und Versorgung von Asylbewerb­ern zuständig. Da er damit nicht zurande kam und und trotzdem die Obdachlosi­gkeit von Flüchtling­en zu vermeiden, sprangen die Länder ein. Diese sind seit damals für die Grundverso­rgung der Asylbewerb­er zuständig. Wobei die Flüchtling­e anteilsmäß­ig auf die Bundesländ­er verteilt werden. Bei der vergangene­n Flüchtling­skrise kam dieses System in Bedrängnis. Einige Bundesländ­er stellten die vereinbart­en Betreuungs­plätze nicht zur Verfügung.

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BILD: SN/APA/ROLAND SCHLAGER Die Regierung überlegt, wie Flüchtling­e in Zukunft untergebra­cht werden sollen.

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