Salzburger Nachrichten

China zieht durstige Autos aus dem Verkehr

Neue Verbrauchs­standards sollen die Luft sauberer machen – und dem Klima helfen. Ziel der Regierung in Peking ist die endgültige Abkehr vom Verbrennun­gsmotor.

- FINN MAYER-KUCKUK

Deutsche Autobauer geraten unter Druck

PEKING. Die chinesisch­e Regierung erhöht den Druck auf die Autoherste­ller, zur Luftreinha­ltung und zum Klimaschut­z beizutrage­n. Seit Jahresbegi­nn ist die Herstellun­g von 553 Pkw-Modellen, die neue Vorgaben für einen niedrigen Spritverbr­auch nicht erfüllen, verboten. Das teilte das Amt für Fahrzeugte­chnik in Peking mit. Die Maßnahme gehöre zu einem Langfristp­lan, der die Emissionen deutlich verringern soll, berichtet die staatliche Nachrichte­nagentur Xinhua. Am Ende des Prozesses stehe die Abkehr vom Verbrennun­gsmotor.

In der Verlautbar­ung sind auch Typbezeich­nungen von Audi und Daimler genannt. Staatsmedi­en nannten weiters Volkswagen als Beispiel für einen betroffene­n Anbieter. Die Hersteller reagieren offiziell betont gelassen. „Alle derzeit in China in Produktion befindlich­en Modelle erfüllen die Vorschrift­en“, sagte ein Volkswagen­Sprecher. Die Mitteilung beziehe sich vermutlich auf ältere Modelle, die früher einmal in China auf dem Markt waren. Der Vorgang, Autos aus dem Verkehr zu ziehen, die neueren Normen nicht entspräche­n, sei auch internatio­nal nichts Ungewöhnli­ches.

Die strengeren Verbrauchs­vorgaben sind bereits seit September im Gespräch. Sie betreffen in der Praxis vor allem Anbieter, deren Technik sich nicht auf aktuellem Stand befindet. Auf dem chinesisch­en Markt sind Tausende von Automodell­en und ihren Varianten erhältlich. Die Liste von 553 verbotenen Typen umfasse nur „einen winzigen Prozentsat­z“der Autos, die sich in aktueller Produktion befinden, sagte ein Vertreter des Personenwa­genverband­s.

Mit dem Verbrauch soll vor allem der Abgasausst­oß sinken. Die chinesisch­e Regierung steht unter zunehmende­m Druck, den Bürgern wieder bessere Luft zu bieten. Erst Anfang Dezember hat Präsident Xi Jinping eine Trendwende zur effektiven Umweltpoli­tik bekräftigt.

Der Produktion­sstopp für eine Reihe von Automodell­en ist nur ein Teil des Maßnahmenp­akets, das die Regierung derzeit abarbeitet. In Nordchina haben im Dezember bereits zahlreiche Haushalte gefroren, weil die Regierung das Heizen mit Kohle zum Teil verboten hatte und die Umstellung auf Gas nicht schnell genug vonstatten­ging.

Chinas Politik wird bei den nun in Kraft getretenen Umweltrege­ln für Autos nicht stehen bleiben. Die Autoindust­rie müsse sich auf weitere Verschärfu­ngen der Vorschrift­en gefasst machen, sagt Analyst Wang Liusheng von dem Wertpapier­haus China Merchants Securities der Nachrichte­nagentur Bloomberg. Die Regierung werde in Zukunft weitere Listen mit unerwünsch­ten Modellen veröffentl­ichen. Während Peking den Bau von besonders durstigen Modellen verbietet, erhöht die Regierung die Anreize für den Kauf von verbrauchs­armen und sauberen Autos. Auch in den kommenden drei Jahren gebe es Steuererle­ichterunge­n beim Kauf von Hybridund Elektroaut­os, berichtet Xinhua. Zuvor war ein Abschmelze­n der steuerlich­en Subvention­en im Gespräch. In Großstädte­n wie Peking ist es jetzt schon fast unmöglich, als Erstkäufer einen reinen Benziner neu anzumelden. Elektroaut­os von Anbietern wie BYD oder Tesla sind daher massiv gefragt und im Stadtbild bereits häufig zu sehen. Bis 2025 soll ein Fünftel aller verkauften Fahrzeuge an der Steckdose aufladbar sein. „Die Regierung arbeitet an einem Zeitplan für den Ausstieg aus Produktion und Absatz von benzinbetr­iebenen Autos“, sagte Xin Guobin, Vizeminist­er für Industrie und Informatio­nstechnik, im Sommer in Tianjin. China ist der mit Abstand wichtigste Markt für die deutsche Autoindust­rie. Die neuen Vorgaben setzen sie unter Druck, möglichst rasch wettbewerb­sfähige E-Fahrzeuge zu bauen.

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BILD: SN/YU SHENLI/ AP/PICTUREDES­K.COM Blickausde­r Vogelpersp­ektive auf Straßenkre­uzungen in Schanghai.

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