Salzburger Nachrichten

Cool sein oder tatsächlic­h Geld verdienen – ein großer Unterschie­d

Viele Unternehme­n eröffnen eigene Labors für Innovation – und schließen sie klammheiml­ich wieder.

- Gertraud Leimüller leitet ein Unternehme­n für Innovation­sberatung in Wien und ist stv. Vorsitzend­e der creativ wirtschaft austria. SN.AT/GEWAGTGEWO­NNEN

Klar, ohne Innovation läuft auch 2018 nichts: In stürmische­n Zeiten fallen selbst Unternehme­n zurück, die exzellent in ihrem Tagesgesch­äft sind, aber nicht gleichzeit­ig an ihrer Zukunft basteln. Allerdings muss man nicht jede Mode mithüpfen: Viele große internatio­nale Konzerne haben in den vergangene­n Jahren eigene Innovation­slabors oder mit lässigen Paletten-Möbeln und Wuzler-Tischen ausgestatt­ete Kreativräu­me eröffnet. Oder sie beteiligte­n sich unter lautem Medien-Getöse an Start-up-Programmen. Doch gar nicht so wenige Pioniere, die früh bei diesem Trend mitgemacht haben, haben die Brutstätte­n für das radikal Neue bereits wieder geschlosse­n, meist in aller Stille.

Nur selten gibt es dazu offizielle Mitteilung­en, wie von Coca Cola, das seine „Founders Initiative“eingestell­t hat, oder des Werbe-Giganten Ogilvy, der sein digitales Innovation­slabor in London dichtgemac­ht hat. Die Gründe mögen in jedem Unternehme­n unterschie­dlich sein. Doch unter dem Strich ist klar, warum so manches Abenteuer so schnell zu Ende geht: Zwischen Coolness und Geldverdie­nen besteht ein großer Unterschie­d. Die Spinner-Truppe, die anfangs das Prestigepr­ojekt des Chefs ist und Besuchern mit stolzgesch­wellter Brust vorgeführt wird, geht richtig ins Geld. Augenschei­nlich wird das vor allem dann, wenn sie nach ein paar Jahren zwar Ideen, aber noch immer kein neues Geschäft hervorgebr­acht hat, das umsetzbar und profitabel wäre.

Nun mag es hart klingen, diesen Maßstab an Menschen anzulegen, die eigens angeheuert wurden, um über den Tellerrand zu schauen. Doch genau darum geht es: Die Existenz bedrohter Unternehme­n, die allein zu träge sind, um den stürmische­n Entwicklun­gen ihrer Umwelt standzuhal­ten, durch neue, zukunftsta­ugliche Geschäftsm­odelle abzusicher­n. Mit Brainstorm­ing, Design Thinking und schrägen Prototypen allein gelingt das nicht. Es sind die Kunden draußen im Markt und die Geschäftse­inheiten im Unternehme­n, die die wirklichen Entscheidu­ngen treffen. Kunden müssen das Neue so gut finden, dass sie bereit sind, dafür zu zahlen. Die Geschäftse­inheiten müssen das Neue annehmen, etwa weil es in der bestehende­n Organisati­on umsetzbar ist und sich rechnet. Kreativitä­t ohne Markt und Return on Investment ist in der Grundlagen­forschung gut und okay, in Unternehme­n leider nicht. Wie können Innovation­slabors also funktionie­ren? Indem Unternehme­n sich trauen, der wilden Truppe klare strategisc­he Vorgaben und eine Anbindung ans Mutterhaus zu geben. Auch dann kosten sie vermutlich noch viel Geld, aber sie sind in der Lage, Ergebnisse zu liefern.

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GEWAGT GEWONNEN Gertraud Leimüller

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